Ein Hinweisschild mit Bundesadler und dem Schriftzug Bundesgerichtshof, aufgenommen vor dem Bundesgerichtshof (BGH)
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BGH-Urteil: Suche nach NS-Raubkunst wird erleichtert

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BGH-Urteil: Suche nach NS-Raubkunst wird erleichtert

Ein NS-Raubkunstverdacht darf nicht verheimlicht werden. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat ein Grundsatzurteil gefällt. Das öffentliche Interesse an der Rückgabe überwiegt die wirtschaftlichen Interessen des aktuellen Eigentümers.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Vorgeschichte: Ein Kunsthändler wollte vor Gericht erreichen, dass sein Gemälde "Kalabrische Küste" des Düsseldorfer Künstlers Andreas Achenbach aus dem 19. Jahrhundert von der Datenbank "Lost Art" entfernt wird. Der Eintrag dort wirke seiner Meinung nach im Fall des Wiederverkaufs wertmindernd.

Ein Verdacht reicht schon

Auf der in Magdeburg verwalteten Internetseite "Lost Art" wird gestohlene Kunst aufgeführt, insbesondere auch solche, die während der Nazizeit aus jüdischem Vorbesitz unter Zwang verkauft werden musste. Insgesamt sind dort 175.000 geraubte oder verschwundene Kunstwerke gelistet. Mit dem Namen der Malerin oder des Malers, dem Titel des Werks und den Maßen. Und, so vorhanden, einem Foto.

Das betroffene Küstengemälde von Achenbach steht allerdings nur unter dem Verdacht NS-Raubgut gewesen zu sein. Der Kunsthändler Max Stern hatte es in den 30er Jahren unter ungeklärten Umständen verkauft. Der jetzige Eigentümer hatte wiederum das Bild gutgläubig vor einigen Jahren in London ersteigert. Als er es an eine Ausstellung ausgeliehen hatte, wurde der Max-Stern-Trust in Kanada aufmerksam und ließ das Achenbach-Werk als mögliches NS-Raubgut im Internet in Lost Art verzeichnen.

Unterschiedliche Regeln für öffentlichen und Privatbesitz

Seit dem Washingtoner Abkommen von 1998 hat sich Deutschland mit 43 anderen Staaten verpflichtet, alle als Nazi-Raubkunst identifizierten Werke aus öffentlichem Besitz an die jüdischen Vorbesitzer oder ihre Rechtsnachfolger zurückzugeben. Das gilt nicht für den privaten Kunstbesitz. Zu dem steht im Abkommen, dass alle Anstrengungen unternommen werden sollten, "Kunstwerke, die als durch die Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht zurückerstattet identifiziert wurden, zu veröffentlichen." Genau dieses Ziel verfolgt "Lost Art".

Kein privater Kunstbesitzer muss in Deutschland Werke aus früherem NS-Raubgut zurückgeben. Diese Fälle bleiben verjährt. Die meisten Werke wurden auch nach 1945 ohne Kenntnis ihrer tragischen Vorgeschichte erworben. Allerdings wird beim Wiederverkauf inzwischen vom seriösen Kunsthandel streng darauf geachtet, dass es zu einer gerechten und fairen Lösung zwischen den früheren und den jetzigen Besitzern kommt. Bei jedem Verkauf aus Privatbesitz wird die Seite "Lost Art" automatisch nach dem jeweiligen Werk durchsucht.

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