Die drei Angeklagten mit ihren Anwälten vor dem Landgericht Regensburg
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Die drei Angeklagten mit ihren Anwälten vor dem Landgericht Regensburg

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Vorgetäuschter Überfall auf Geldtransporter: Prozess gestartet

Im April wurde in Cham ein Geldtransporter überfallen. Ermittlungen der Polizei ergaben schnell, dass der Überfall vorgetäuscht war. Seit Freitag müssen sich der Fahrer des Geldtransporters und zwei mutmaßliche Komplizinnen vor Gericht verantworten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Vor dem Landgericht Regensburg muss sich seit Freitag der Fahrer eines Sicherheitsdienstes verantworten. Ihm wird vorgeworfen, während eines Halts bei einem Chamer Großmarkt über eine Million Euro aus dem Geldtransporter gestohlen zu haben. Dabei soll er von seiner Lebensgefährtin und deren Tochter unterstützt worden sein. Auch sie stehen vor Gericht.

Angeklagte machen widersprüchliche Aussagen

Die drei Angeklagten hatten zum Auftakt die Chance sich vor Gericht zu äußern und nutzten diese. Der 55-jährige Angeklagte, der den Geldtransporter gefahren haben soll, äußerte sich persönlich zu dem Vorfall im April 2023. Er gab an, dass seine damalige Lebensgefährtin die Idee hatte, den Transporter auszurauben.

Diese jedoch ließ am Freitag über ihren Anwalt mitteilen, dass der Plan für den Überfall von dem 55-Jährigen gefasst wurde. Die dritte Person auf der Anklagebank ist die 28-jährige Tochter der Lebensgefährtin. Auch sie äußert sich zum Prozessauftakt über ihren Anwalt und gestand die Tat. Sie habe sich demnach zunächst nicht beteiligen wollen, doch ihr sei von dem damaligen Lebensgefährten ihrer Mutter versprochen worden, für sie würde es "keine Probleme geben". Als sie nach dem Diebstahl zuhause angekommen waren, habe sie erst das Ausmaß verstanden. Mutter und Tochter würden ihre Tat bereuen, teilten die Anwälte mit.

Angeklagter habe der damaligen Freundin "blind vertraut"

Zur Sprache kam am ersten Prozesstag in Regensburg auch die Vorgeschichte des ehemaligen Paares. Sie wollen sich im März 2022 in einer Straubinger Disco kennengelernt und auf Anhieb verstanden haben. Nach der Trennung von seiner Exfrau und der Corona Pandemie habe die Beziehung ihm gutgetan, erzählte der 55-Jährige. Er habe sich schnell in sie verliebt und ihr "blind vertraut".

Während seiner Aussagen ist der Angeklagte oft den Tränen nahe. Die Beziehung untereinander beschreibt er so, dass er mit ihr "endlich wieder ein Mensch gewesen" wäre. Er hätte alles für sie getan und ihr auch gerne einen Antrag gemacht. Sie wären oft gemeinsam verreist und seien Essen gegangen. Gezahlt habe dabei immer er. Dass die damalige Lebensgefährtin währenddessen auch mit einem anderen Mann öfter in den Urlaub gefahren ist, habe der Angeklagte nicht gewusst.

Während der gemeinsamen Zeit soll sich die damalige Lebensgefährtin immer wieder über seine Arbeit und die internen Abläufe interessiert haben. Er habe ihr das System erklärt und irgendwann sei von ihr der Entschluss gefasst worden, das Geld gemeinsam mit ihrer 28-jährigen Tochter aus dem Transporter zu stehlen. Laut der Aussage des Mannes wollte er seiner Lebensgefährtin imponieren, "wollte stark sein und wenn ich nicht mitmache, hatte ich Angst sie würde die Beziehung beenden".

Angeklagte beschuldigt damaligen Lebensgefährten

Die 52-Jährige stellte die Geschichte jedoch anders dar. Sie ließ über ihren Anwalt verlauten, dass ihr damaliger Freund nur auf eine passende Gelegenheit gewartet habe, um das Geld zu stehlen. Bereits kurz nach dem Kennenlernen habe er immer wieder von der Idee berichtet und sie habe sich von ihm überreden lassen.

Ablauf der Tat aus Sicht der Staatsanwaltschaft

Die Tat hatte an einem Montag im April dieses Jahres stattgefunden und soll laut Staatsanwaltschaft wie folgt abgelaufen sein: Der 55 Jahre alte Geldtransportfahrer machte am Vormittag bei einem Chamer Supermarkt Halt. Während seine beiden Kollegen im Kassenbüro einen Koffer abholen gingen, habe er die Tochter seiner Lebensgefährtin in den Geldtransporter einsteigen lassen. Denn: Damit eine Person den Tresorraum des Fahrzeugs betreten kann, muss eine zweite Person bestimmte Knöpfe in der Fahrerkabine drücken.

In kurzer Zeit soll der 55-Jährige eine Million Euro in eine Sporttasche gepackt und mit einem Handtuch zugedeckt haben. Das Geld habe er anschließend der 28-Jährigen mitgegeben, die es dann zu ihrer Mutter gebracht haben soll. Die Mutter hatte im Fluchtwagen gewartet und gemeinsam seien sie dann mit dem Geld nach Hause gefahren.

Zu den zurückkommenden Kollegen soll der Mitarbeiter des Regensburger Sicherheitsdienstes schließlich gesagt haben, dass er Opfer eines Überfalls gewesen sei. Es folgte ein Großeinsatz der Polizei, samt Hubschrauber und Suchhunden. Tatverdächtige, auf die die Beschreibungen des Mannes gepasst hätten, konnten jedoch nicht gefunden werden.

Beute im Koffer an Bekannten übergeben

Den Großteil der Beute soll die Frau mit ihrer Tochter dann in einen Koffer umgepackt und einem Freund der 52-Jährigen gegeben haben. Dieser war am Freitag als Zeuge geladen. Er habe den Koffer ohne große Nachfrage in seinem Keller in einem Schrank aufbewahrt. Er machte sogar Witze und schrieb der 52-Jährigen: "Hallo hier 007. Mysteriöser Koffer ist im Schrank weggesperrt."

Nachdem der Mann merkte, dass die 52-Jährige wohl etwas mit einem Überfall zu tun hat, entschied er sich den Koffer direkt zur Regensburger Staatsanwaltschaft zu bringen. In dem Koffer befanden sich über 800.000 Euro. Damit wurde ein Großteil der Beute sichergestellt.

Alle drei Angeklagten wissen laut ihren Aussagen jedoch nicht, wo der restliche Geldbetrag von über 100.000 Euro abgeblieben ist.

55-Jähriger verstrickt sich in Widersprüche

Auf die Schlichte ist die Polizei den Angeklagten vor allem deshalb gekommen, weil sich der 55-Jährige bei seiner Aussage vor der Polizei immer wieder verzettelt habe. So habe er nicht erklären können, warum bestimmte Sicherheitseinrichtungen am gepanzerten Fahrzeug nicht funktioniert haben. Als er zum Verdächtigen wurde, räumte er die Tat vollständig ein.

Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten gemeinschaftlichen Diebstahl mit Waffen vor. Waffe deshalb, weil der Fahrer des Transporters während seines Dienstes einen Revolver tragen muss. Diesen soll er laut Aussage jedoch vor dem Einladen des Geldes abgenommen haben.

Insgesamt sieben Zeugen wurden am Freitag vernommen. Für den Prozess sind zwei weitere Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil soll im November fallen.

Im April wurde in Cham ein Geldtransporter überfallen. Doch schnell stellte sich heraus, dass der Überfall vom Fahrer des Geldtransporters und seinen zwei Komplizinnen nur vorgetäuscht war. Alle drei stehen seit heute in Regensburg vor Gericht.
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Im April wurde in Cham ein Geldtransporter überfallen.

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