Tanzende Festival-Besucher vor buntem Laserlicht
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Festivalticket? Mit dem Kulturpass kein Problem, außer, es ist zu teuer.

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Neuer "Kulturpass": Was Bayerns 18-Jährige sich damit kaufen

Rund 180.000 Jugendliche im Alter von 18 Jahren nutzen bislang den Kulturpass der Bundesregierung. Jeweils 200 Euro können sie damit für Kultur ausgeben. Drei Monate nach dem holprigen Start wollen wir wissen: Wie läuft's für die Kultureinrichtungen?

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Katrin Schmidt von der Buchhandlung "Lesezeichen" in Germering im Landkreis Fürstenfeldbruck ist begeistert vom Kulturpass, sie schwärmt von dem Angebot, stellt sich vor, was sie selbst als Jugendliche damit hätte anfangen können: 200 Euro für Kultur, geschenkt!

Dabei hat sie die gleichen frustrierenden Erfahrungen bei der komplizierten Registrierung gemacht, von denen alle Anbieter, die man fragt, einhellig berichten. Gut 8.200 sind es aktuell bundesweit. Schmidt und ihre Kolleginnen gehören zu den vielen, die sich vom mühsamen Anmeldeprozedere nicht haben entmutigen lassen.

Und jetzt läuft es: "Wir haben wirklich schon von Anfang an viele Bestellungen von Jugendlichen, die sich Sachen quer durch den Gemüsegarten bestellen: Mangas, Romane, sozialkritische Sachen", sagt Schmidt. "Es sind auch teurere Bücher dabei, bei denen die immer total happy sind, wenn sie sich das abholen können." Bücher also, die sich Jugendliche sonst eher nicht leisten würden.

Größter Profiteur: Der Buchhandel

Der Buchhandel profitiert in der Tat bisher am deutlichsten von der politischen Initiative: Die Hälfte des bisher mit dem Kulturpass-Geld gemachten Umsatzes entfällt auf ihn. Knapp 200.000 Bücher sind schon über den Kulturpass verkauft worden. Aber nicht alle Buchläden berichten von spürbarem Zulauf.

Dass "Lesezeichen" in Germering so erfolgreich ist, hat einen besonderen Grund: "Wir haben uns überlegt, wie die Info an die Jugendlichen rankommt", sagt Katrin Schmidt. "Und da kamen wir auf die Idee, dass wir ein Video machen, in dem wir auch kurz erklären, wie es geht, dass es eben nicht super aufwendig ist und dass man so sehr schnell zu 200 Euro kommt, die man in Kultur investieren kann." Gepostet wurde das Video dann auf dem eigenen Instagram- und TikTok-Kanal.

Knapp ein Drittel aller aktuell 18-Jährigen in Deutschland hat sich inzwischen den Kulturpass besorgt – eine Zahl, die Kulturstaatsministerin Roth von den Grünen als ersten Erfolg wertet. Roths Ziel: Insgesamt sollen zwei Drittel der 18-Jährigen zugreifen. 100 Millionen Euro stehen bereit, knapp 6 Millionen sind bisher abgerufen worden. Da geht also noch was.

David hat sich ein Festivalticket geholt

Außer in Bücher wird das Geld bisher vor allem in Kino- und Konzertkarten investiert. David zum Beispiel hat ein Ticket fürs Münchner Hip-Hop-Festival "Rolling Loud" gekauft, das allerdings das Budget gesprengt hat.

Seine Erfahrung: "Wenn der Ticketpreis darüber hinausgeht, kann man nicht selbst den restlichen Preis drauflegen, sondern kann nur innerhalb dieses 200-Euro-Budgets etwas kaufen. Deswegen war es leider so, dass es dann nur für einen Festivaltag gereicht hat, aber an sich war das sehr cool."

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Nimmt langsam Fahrt auf: Der Kulturpass (Symbolbild)

Museen kaum gefragt

Museen scheinen dagegen kaum vom Kulturpass zu profitieren, vor allem die kleineren nicht. Das Museum Fürstenfeldbruck etwa hat sich als Anbieter registriert, Nachfrage indes gab es dadurch noch keine. Möglicher Grund: so ein Museumsbesuch ist eh nicht teuer. "Die Angebote mit relativ niedrigen Preisen können mit einem Konzert, für das man 40 oder 50 Euro zahlt, nicht konkurrieren", so Verena Beaucamp vom Museum Fürstenfeldbruck.

Aufgeben aber will sie nicht. Einen Kritikpunkt hat sie dennoch: Sonderausstellungen ließen sich über den Kulturpass problemlos anbieten, bei der Dauerausstellung hingegen werde es verzwickt. "Es gibt ja kein Anfangs- und Enddatum. Da sind so Felder vorgesehen, bei denen man sich ein bisschen schwertut, ob die jetzt auf diese Bedürfnisse zugeschnitten sind. Und das ist für Museen mit Dauerausstellungen schwierig, aber wir arbeiten dran und ich denke, da kommen wir schon rein."

Ernüchterte Theater

Von eher geringer Kulturpass-Resonanz berichten auch viele Bühnen. So erzählt beispielsweise André Bücker, Intendant am Staatstheater Augsburg: "Bei uns hat es tatsächlich noch zu keinerlei Kartenverkauf geführt. Wir hatten zwei Reservierungen über den Kulturpass. Die sind dann aber nicht abgeholt worden. Das ist doch sehr ernüchternd."

Was die Theater in Bayern betrifft, gilt es freilich zu bedenken, dass der Kulturpass erst kurz vor Spielzeitende an den Start gegangen ist. Und die neue Saison läuft gerade erst an. Insofern hat André Bücker noch Geduld. Aber: "Irgendwann muss man eine Kosten-Nutzen-Abwägung machen."

Weitermachen aus Prinzip?

Was er meint? Er und seine Kolleginnen und Kollegen stecken in den Kulturpass einiges an Arbeit, das Einpflegen der Daten kostet Zeit: "Und wenn dann wirklich gar kein Rücklauf entsteht, dann wird’s natürlich irgendwann auch sinnlos."

Verena Beaucamp dagegen würde mit dem Museum Fürstenfeldbruck selbst dann weiter dabei bleiben beim Kulturpass, wenn die eigene Einrichtung auch weiterhin nicht oder kaum davon profitieren sollte, sozusagen aus Prinzip: "Wir haben es auch auf unserer Website weiter als Hinweis, sodass man hinschaut und sieht, dass es ein wahnsinnig tolles Angebot für Jugendliche ist. Und das wollen wir auch weiterhin unterstützen."

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