Woody Allen beim Filmfest Venedig im Jahr 2023
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Woody Allen beim Filmfest Venedig im Jahr 2023

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Heiteres Alterswerk: Woody Allens neuer Film "Ein Glücksfall"

Woody Allen ist mittlerweile 88 Jahre alt. Seit Jahren begleiten den Regisseur Missbrauchsvorwürfe. Filme macht er trotzdem weiter. Mit "Ein Glücksfall" kommt jetzt sein wahrscheinlich letzter ins Kino. Und der ist, was er verspricht: ein Glücksfall.

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Morgen am .

"Ich bin nicht immer gut, aber ich bin konsequent", sagte Woody Allen beim Gespräch im Rahmen der Mostra del Cinema in Venedig. Im vergangenen September machte er die 50 voll und präsentierte sein, so erklärte er, vermutlich letztes Werk – den fünfzigsten Allen-Film mit dem Originaltitel "Coup de Chance" (deutscher Titel: "Ein Glücksfall").

Dass er tatsächlich die 50 erreichen würde, konnte lange Zeit bezweifelt werden. Zwischen 2013 und 2021 begleiteten die Vorwürfe sein Schaffen, er habe die Adoptivtochter Dylan Farrow als Kind missbraucht. Es gab Proteste und Demonstrationen. Trotzdem drehte er wie gewohnt jedes Jahr einen Film, teilweise mit großen Problemen bei der Finanzierung.

Ungewöhnlich lange Drehpause vor dem "Glücksfall"

Manche erschienen ziemlich misslungen, andere zumindest solide. Vor "Coup de Chance" gönnte sich Allen eine ungewöhnlich lange Drehpause von drei Jahren. Zum einen wegen seines Alters, immerhin geht er inzwischen auf die Neunzig zu – zum anderen, um etwas Ruhe einkehren zu lassen. Die hat ihm sehr gutgetan.

"Ein Glücksfall" ist ein leichtfüßig inszenierter, boulevardesk angehauchter Liebes- und Kriminalfilm. Fanny, eine junge verheiratete Frau, die in einem Pariser Aktionshaus arbeitet, trifft auf der Straße zufällig ihren alten Kommilitonen Alain wieder, einen Möchtegernschriftsteller, und beginnt plötzlich an ihrer Ehe mit dem glatten und etwas undurchsichtigen Geschäftsmann Jean zu zweifeln. Erinnerungen an das vergangene Bohème-Leben kommen auf, die Affäre nimmt in einer typischen romantischen Pariser Dachzimmerwohnung ihren Lauf und der Ehemann, der Verdacht schöpft, engagiert einen Privatdetektiv.

Von Woody Allen meisterlich inszeniert

Zugegeben – inhaltlich ist das vorhersehbar. Macht aber nichts, denn Woody Allen inszeniert das mit einer altmeisterlichen Verve, dass es die reine Freude ist. Der Stil erinnert ein wenig an die pfiffigen französischen Komödien von Alain Resnais – sofort ist man drin in der Atmosphäre frischer Gefühlswallungen und als Zuschauer hin- und hergerissen zwischen den von Fanny beim Liebesbetrug empfundenen Schuldgefühlen sowie ihrer Befürchtung, das eigene Lebensglück vernachlässigt zu haben.

Jeder sei in seinem Leben sehr abhängig von Zufall und Glück, sagt Woody Allen im Interview, mehr als man denke. Auch das ist bei seinem 50. Film neu. Ließ der Regisseur sonst seine Werke für sich sprechen und reiste zu den Filmfestivals, auf denen sie gezeigt wurden, meist nicht an, präsentierte er sich letztes Jahr in Venedig ungewohnt interviewfreudig. Beseelt parlierte er über seine Dauerthemen – die Fesseln der Bürgerlichkeit und die Freiheit der Gefühle sowie über Moral und Fatalismus, und freute sich wie ein Kind, wenn ihm jemand attestierte, sein wohl letzter Film sei wirklich ein Glücksfall, nicht zuletzt wegen der großartigen Schwiegermutterfigur, die er in die Handlung als eine Art Alter Ego eingefügt habe.

Durchaus spitzbübisch und dabei altersklug umriss er die verblüffende Tragikomik des Schlusses und sprach über die ernüchternde Polarität von Schicksal und Selbstbestimmung: Die Menschen täten sich schwer damit, zuzugeben, dass sie ihr Leben nicht gänzlich kontrollieren könnten, aber genau so sei es.

Im Video: Filmtipp - Woody Allen-Film "Ein Glücksfall"

Szenenbild aus "Ein Glücksfall"
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Szenenbild aus "Ein Glücksfall"

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