v.l.n.r. Adolf Hitler, Emil Maurice, Hermann Kriebel, Rudolf Heß, Friedrich Weber in der Festungshaft in Landsberg am Lech, 1924
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v.l.n.r. Adolf Hitler, Emil Maurice, Hermann Kriebel, Rudolf Heß, Friedrich Weber in der Festungshaft in Landsberg am Lech, 1924

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Ausstellung: Hitler als Gefangener in Landsberg

Nach dem gescheiterten Putschversuch war Adolf Hitler 1924 in Landsberg inhaftiert. Die Festungshaft war eine Mischung aus Gefängnis und Hotel, zeigt eine Schau im Rathaus. Auch Schülerinnen und Schüler arbeiten sich durch die historischen Exponate.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Vor hundert Jahren, am 1. April 1924, wurde Adolf Hitler wegen des sogenannten Hitlerputsches zu fünf Jahren Haft verurteilt. Nicht einmal neun Monate später war er wieder auf freiem Fuß. Seine milde Strafe saß er in der Haftanstalt Landsberg am Lech ab. Aktuell ist im Landsberger Rathaus eine Ausstellung über Hitler als Gefangenen in Landsberg zu sehen.

Schulklassen erfahren die Hintergründe zu Hitlers Haft

Die Ausstellung zeigt auf, warum Adolf Hitler trotz Hochverrats im Gefängnis bedient wurde und wie er sich seine Festungshaft zunutze machte. Mit diesen Fragen hat sich auch eine 9. Klasse der Johann-Winklhofer-Realschule beschäftigt und in der Ausstellung Original-Dokumente durchforstet. Noch bis zum 6. Juni 2024 ist die Ausstellung "Hitler als Gefangener in Landsberg am Lech 1923/24" im Landsberger Rathaus zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Konzipiert hat die Ausstellung das Stadtmuseum Landsberg gemeinsam mit Prof. Peter Fleischmann von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Kulturbüro der Stadt Landsberg. Durch das bildungspolitische Vermittlungsprogramm führt die Schulklassen Museumsleiterin Sonia Schätz. Mit der Klasse 9f der Johann-Winklhofer-Realschule bespricht Sonia Schätz zu Beginn des Programms, warum Hitler ins Gefängnis musste.

Hochverrat: Hitlers gescheiterter Putschversuch

Im November 1923 scheiterte Hitlers Putschversuch. Zunächst hatte er versucht, am 8. November das Signal zum Kampf gegen die "jüdisch-marxistische Brut", so die NS-Propaganda, in Berlin zu geben. Er rief die "Nationale Revolution" aus und erklärte die bayerische Regierung sowie die Reichsregierung für abgesetzt. Hitlers improvisierter Putschversuch blieb isoliert. Ein am Morgen des 9. November von Hitler angeführter Marsch mit mehreren tausend zum Teil schwer bewaffneten Teilnehmern endete im Feuer der Polizei an der Münchner Feldherrenhalle. Vier Polizisten und 16 Demonstranten kamen ums Leben.

Der damals 34-jährige Adolf Hitler wurde zwei Tage später am Staffelsee verhaftet. Zunächst kam er in Schutzhaft, dann in Untersuchungshaft ins Gefängnis in Landsberg. Das Volksgericht München verurteilte ihn am 1. April 1924 wegen Hochverrats zu einer fünfjährigen Festungshaftstrafe. Der Richter, der als Sympathisant rechter Kreise galt, attestierte ihm dabei eine "ehrenhafte Gesinnung". Wer in Festungshaft kam, war sehr viel besser dran als Häftlinge, die ins normale Gefängnis oder ins Zuchthaus mussten. Wer zu Festungshaft verurteilt wurde, musste zum Beispiel nicht arbeiten. Zum Zeitpunkt des Urteils hatte die nationalsozialistische Propaganda den Putsch bereits in eine heroische Niederlage umstilisiert. Bereits am 20. Dezember 1924 kam Hitler auf Bewährung frei.

Hitler empfängt mehr als 300 Besucher im Gefängnis

Im Rahmen des Vermittlungsprogramms beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen mit jeweils einem Thema – zum Beispiel Hitlers Besucher im Gefängnis. Eine Schülerin stellt erstaunt fest, wie viele Besucher Hitler hatte. Mehr als 300 Besucher hat Hitler während seiner knapp neun Monate Haft empfangen – viele davon NSDAP-Mitglieder, die seine Ideologie weiterverbreiteten. Schon Anfang April setzte bei Hitler ein regelrechter Ansturm von Besuchern ein, wie er in der Praxis des bisherigen Strafvollzugs völlig neu war.

Gefängnisleiter ermöglicht frühe Entlassung

Hitlers Ideologie stand auch Gefängnisleiter Otto Leybold nahe. Er prognostizierte, dass Hitler nicht vorsätzlich gegen den Staat vorgehen würde. Leybold erachtete die Putschisten als "national hochgesinnte Männer". Deshalb ließ er ihnen einen sehr moderaten Strafvollzug zukommen. Leybold genehmigte über das vorgeschriebene Maß hinaus die Zulassung von Besuchern und nahm große Rücksicht auf die Lebensführung der Festungshaftgefangenen.

Hitler wird von Häftlingen bedient

Auf einem Schwarz-Weiß-Foto sieht sich eine weitere Gruppe an, wie Hitler und seine zum Teil befreundeten Mithäftlinge im Gefängnis gelebt haben. "Da sieht man die fünf Häftlinge, die im gleichen Trakt waren wie Hitler. Sie sitzen in einem Wohnraum mit Blumen und der eine Mann hat eine Gitarre in der Hand. Wie in einem normalen Haushalt eigentlich haben die gelebt", stellt eine Schülerin fest.

Hitler und seine Kollegen bekamen das gleiche Essen wie die Aufseher und wurden von anderen Häftlingen bedient. Sie speisten an einem weiß gedeckten Tisch, mit Tellern statt Blechschüsseln. Ihre Zellen waren wohnlich eingerichtet und mit Heizkörpern versehen. Hitlers Stube verfügte bald über eine kleine Bibliothek, da ihm viele Besucher Bücher schenkten. Die Festungshaft war eine Mischung aus Gefängnis und Hotel, ist in der Ausstellung zu lesen.

"Mein Kampf" während Haft geschrieben

Am anderen Ende des Ausstellungsraums blättern fünf Schülerinnen durch Original-Ausgaben von "Mein Kampf" – das Buch, das Hitler zu großen Teilen während seiner Haft geschrieben hat und das ihn reich machte. In einer der weit verbreiteten Hochzeits-Ausgaben entdeckt eine Schülerin die Unterschrift des damaligen Oberbürgermeisters von München, Karl Fiehler.

Bis 1945 wurden mehr als zwölf Millionen Exemplare von "Mein Kampf" verkauft oder verschenkt. "Ich finde, dass man daran sieht, dass das Buch auch damals in der Bevölkerung schon so beliebt war und dass das da damals schon so gut angekommen ist", sagt eine andere Schülerin.

Schulklasse: Erste Stunde zum Nationalsozialismus

Der Besuch der Ausstellung ist das erste Mal, dass sich die Klasse 9f im Geschichtsunterricht mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Nach dem Ausstellungsbesuch fragen sich einige der Jugendlichen, ob die Menschen damals schon eine Gefahr in Hitler erkannt haben. "Ich glaube, das haben halt die meisten Menschen einfach nicht gesehen, was das für Folgen hat, wenn Hitler so früh wieder freikommt und sie zu ihm stehen", sagt eine Schülerin.

Museumsleiterin Schätz entgegnet, dass sicherlich nicht mit einem Zweiten Weltkrieg mit 60 bis 70 Millionen Toten zu rechnen gewesen sei. Viele Menschen hätten die Auswirkungen unterschätzt, jedoch habe es deutliche Anzeichen für die menschenverachtende Ideologie gegeben, so Schätz. "Ganz ehrlich, wenn man in 'Mein Kampf' reinschaut, es ist ganz viel von dem angekündigt, was später umgesetzt worden ist. Man hätte gewarnt sein können."

Schätz hofft, dass die Ausstellung die Jugendlichen dafür sensibilisiert, sich die Wahlprogramme der Parteien heute genau anzuschauen. Denn Menschen, die Gewalt predigen, so Schätz, handeln auch danach. Friedlich miteinander umzugehen und sich für demokratische Werte einzusetzen, dazu sollen sich möglichst viele bestärkt fühlen.

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