Ankunft von Flüchtlingen auf der italienischen Insel Lampedusa
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Deutschland übernimmt keine Flüchtlinge mehr aus Italien

Die Bundesregierung hat die freiwillige Übernahme von Flüchtlingen aus Italien gestoppt. Berlin verweist auf den "hohen Migrationsdruck nach Deutschland" - und wirft Rom zudem vor, sich nicht an die Asyl-Regelungen in der EU zu halten.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Nachmittag am .

Deutschland hat die freiwillige Aufnahme von Migrantinnen und Migranten aus Italien ausgesetzt. Grund sei, dass sich die italienische Regierung weigere, Geflüchtete in Deutschland nach den Dublin-Regeln der Europäischen Union wieder zurückzunehmen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Er verwies zudem auf den "hohen Migrationsdruck nach Deutschland".

Die Aussetzung von Dublin-Überstellungen verstärke "die großen Herausforderungen, vor denen Deutschland zurzeit hinsichtlich seiner Aufnahme- und Unterbringungskapazitäten steht", sagte der Sprecher. Die Bundesregierung informierte Rom demnach bereits Ende August darüber, dass die Aufnahmen "im Rahmen des freiwilligen europäischen Solidaritätsmechanismus bis auf Weiteres verschoben" würden.

Dublin-Regeln: Vorwürfe von Berlin an Rom

Mit dem Verweis auf die "Dublin-Überstellungen" bezieht sich das Bundesinnenministerium auf das geltende EU-Asylrecht. Demnach sollen Asylsuchende, die unerlaubt in einen anderen Mitgliedstaat weiterziehen, in der Regel wieder in den Erst-Einreisestaat zurückgebracht werden. Nach Informationen der "Welt", die als erstes über den Schritt des Bundesinnenministeriums berichtet hatte, blockiert Italien seit einem Dreivierteljahr die Rücknahme von Schutzsuchenden vollständig.

Einen Termin für die Wiederaufnahme des freiwilligen Aufnahme-Programms nannte der Ministeriumssprecher nicht. Voraussetzung sei, dass Dublin-Überstellungen wieder nach Italien erfolgen könnten. "Sobald sich da ein anderer Zustand ergibt, werden wir selbstverständlich auch über den Solidaritätsmechanismus weitere Schutzsuchende aus Italien aufnahmen", betonte er.

1.000 Flüchtlinge aus Italien übernommen

Nach dem freiwilligen europäischen Solidaritätsmechanismus hatte sich Deutschland bereiterklärt, EU-Staaten zu helfen, die besonders stark von ankommenden Migranten belastet sind. Er war im Juni vergangenen Jahres vereinbart worden. Deutschland sagte nach Angaben des Bundesinnenministeriums die Übernahme von bis zu 3.500 Flüchtlingen aus Mittelmeer-Anrainer-Staaten zu. Rund 1.700 sind demnach seitdem aufgenommen worden, davon rund 1.000 aus Italien und 670 aus Zypern. Aus Malta gab es keine Übernahmen. Deutschland sei seiner humanitären Verantwortung gerecht geworden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Scharfe Kritik von Seenotrettern

Scharfe Kritik am Stopp der freiwilligen Flüchtlingsübernahme äußerte die Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye. "Die Bundesregierung stiehlt sich genau jetzt aus ihrer humanitären Verantwortung, wo die Not am größten ist und der Unterstützungsbedarf Italiens nicht offensichtlicher sein könnte", sagte der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler auf BR24-Anfrage.

Die Politik der Bundesregierung gefährde den europäischen Zusammenhalt und trage nicht dazu bei, eine Lösung für die andauernde, humanitäre Krise an den gemeinsamen Außengrenzen zu finden, betonte Isler. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (CDU) habe offenbar "in der Hitze des hessischen Landtagswahlkampfs ihren Wertekompass gänzlich verloren".

Union wirft Faeser Scheitern in Migrationspolitik vor

Die Union wertete den Schritt des Innenministeriums als Beleg für eine verfehlte Migrationspolitik der Bundesregierung. "Indem Frau Faeser die von ihr selbst ausgehandelte freiwillige Migrantenaufnahme aus Italien stoppt, muss sie letztlich ihr Scheitern eingestehen", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm.

Die illegale Migration nach Deutschland nehme "immer dramatischere Ausmaße an", sagte Throm weiter. "Das ist nur in den Griff zu bekommen mit einer Ausweitung stationärer Grenzkontrollen, Frau Faeser muss endlich handeln."

"Einwanderung ist ein europäisches Problem", schrieb Italiens Außenminister Antonio Tajani auf der Online-Plattform X (vormals Twitter). Es müsse unter Beteiligung aller EU-Länder gelöst werden. Auch EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola betonte, die Lösungen lägen nicht auf nationaler, sondern nur auf europäischer Ebene.

Flüchtlingseinrichtungen auf Lampedusa überfüllt

In Italien sind in diesem Jahr wieder mehr Schutzsuchende über das Mittelmeer angekommen. Laut Zahlen des Innenministeriums in Rom waren es bislang bereits rund 120.000 Migranten und damit mehr als im gesamten Vorjahr (105.131).

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa von Mittwochmorgen zufolge sind auf der Insel Lampedusa innerhalb von 24 Stunden allein mehr als 100 Boote mit Flüchtlingen und Migranten angekommen. Die Erstaufnahmeeinrichtung der Insel war demnach am Dienstagabend erneut mit mehr als 4.000 Personen komplett überfüllt. In den italienischen Medien waren Bilder zu sehen, wie die vollbesetzten Boote vor der Anlegemauer im Hafen in einer Schlange warteten.

Im Video: Migration und Flucht – Söder für "mehr Wien statt Berlin"

Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder (rechts) und der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).
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Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder (rechts) und der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

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