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Probewohnen in Nordhalben

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Neue Heimat auf dem Land: Probewohnen in Oberfranken

Schlechte Luft und Lärm machen das Leben in der Stadt anstrengend. Trotzdem denken viele, nur hier sei man wirklich am Puls der Zeit. Von wegen, heißt es derzeit im Oberen Rodachtal im Frankenwald. Hier lockt eine Aktion Städter nach Oberfranken.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Betten machen, Küche einräumen, die Büros auf Vordermann bringen: Im Nordwald Space, einem öffentlichen Büro- und Wohnkomplex in Nordhalben, laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Kommende Woche ziehen hier acht Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer ein. Sie leben normalerweise in Großstädten wie Berlin und Hamburg und lassen sich nun im Frankenwald auf ein spannendes Experiment ein.

Sechs Wochen wohnen sie kostenlos in Nordhalben im Frankenwald und sollen das Landleben kennenlernen. In dem 1.600-Seelen-Örtchen kämpft man, wie in vielen ländlichen Gemeinden, schon seit Jahren mit Abwanderung und Leerstand. Das Projekt "Landleben auf Probe", das vom Bayerischen Finanz- und Heimatministerium finanziert wird, könnte helfen.

Von Stuttgart in den Frankenwald

Bei Daniel Lerner hat es geklappt. Er hat beim Projektauftakt im vergangenen Jahr mitgemacht. Und in Nordhalben hat es ihm so gut gefallen, dass er nach knapp vier Wochen den Entschluss fasste, hierher zu ziehen. Entschleunigung, traumhafte Landschaft, tolle Leute – so fasst er die Gründe zusammen, die ihn zum Hierbleiben bewogen haben.

Als Marketingexperte ist der 41-Jährige nur auf stabiles Internet angewiesen, arbeiten kann er überall. Zusätzlich ist er mittlerweile Leiter des Nordwald Space und wird in den kommenden Wochen die Städterinnen und Städter betreuen. Daniel Lerner ist glücklich in Nordhalben, bringt sich in Vereine ein und fühlte sich von Anfang an sehr willkommen im Ort. Die Anonymität, die Hetze und den Smog der Großstadt – so Daniel Lerner – hat er endlich hinter sich lassen können. Stattdessen geht es oft raus in die Natur, zum Basketball- und Fußballtraining.

"Irgendwann hat es mich einfach gepackt. An Tag 25 habe ich mich entschieden, hier zu bleiben. Nordhalben hat mich magisch angezogen. Ich habe mal einen Blog geschrieben: 'Schockverliebt in Nordhalben!'" Daniel Lerner

Drei Gemeinden, ein Projekt

In diesem Jahr haben sich die drei Gemeinden Nordhalben, Steinwiesen und Wallenfels zur Kooperation entschlossen. Schwerpunktthema des Projekts ist der Tourismus, jede Gemeinde bringt sich ein: Die Wallenfelser Flößer zu Beispiel nehmen den Besuch mit auf die Wilde Rodach. Und ein Floß selbst bauen sollen die Projektteilnehmer unter fachkundiger Anleitung auch. Außerdem dürfen sie bei Rob Smith, dem "Malz-Schmied", ihr eigenes Bier brauen. Er selbst kommt ebenfalls von weit her: Vor 17 Jahren verschlug es ihn vom englischen Bingham nach Wallenfels, das sind Partnerstädte. In Oberfranken hat er sich den Traum von einer eigenen Brauerei erfüllt. Die Idee, neue Leute aufs Land zu locken, begeistert ihn.

Kreative Ideen gefragt

Zum Urlaub machen sind die acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber nicht eingeladen: Beim Tourismusverband Oberes Rodachtal hofft man auf Tipps und Ideen von den Auswärtigen, wie sich die Gegend touristisch noch besser vermarkten kann. Ein Blick von außen könne da nicht schaden, sagt Sandra Heinz aus dem Tourismushaus in Steinwiesen. Neue Konzepte seien immer willkommen. Genug Möglichkeiten, die fränkische Seele kennenzulernen, werden die Teilnehmer auf jeden Fall haben: In den kommenden Wochen finden sowohl die klassischen Vatertags-Feiern als auch einige Veranstaltungen zum 150-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr statt.

Urlaub im Frankenwald erwünscht!

Dass sich mit Daniel Lerner ein Projektteilnehmer gleich dazu entschließt, hierher zu ziehen, sei schon ein großer Glücksfall gewesen, sagt Sandra Wolf. Sie ist verantwortlich für das Projekt "Landleben auf Probe". 115 Leute haben sich in diesem Jahr beworben, acht wurden ausgewählt. Sie kommen aus verschiedenen Großstädten Deutschlands und sind zwischen Mitte 20 und knapp 60 Jahre alt. Wichtig sei, dass die Gegend bei ihnen einen guten und vor allem bleibenden Eindruck hinterlasse, so Sandra Wolf. Und der ein oder andere gerne wieder in den Frankenwald komme, am besten dann mit Familie und Freunden.

Dieser Artikel ist erstmals am 28. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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