Eigentlich soll der bayerische Haushalt bereits vor dem neuen Jahr verabschiedet werden. Aber erst heute hat der Landtag über den Entwurf debattiert. Bis zur Verabschiedung wird es daher noch bis Juni dauern.
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Albert Füracker (CSU), Finanzminister von Bayern, spricht während einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag am 27.02.2024 in München (Bayern)

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Haushaltsentwurf im Landtag: Zwischen Schulterklopfen und Kritik

Die Staatsregierung hat ihren Gesetzentwurf zum Doppelhaushalt in den Landtag eingebracht. Von einem "Premiumhaushalt" spricht der Finanzminister. Die Opposition nennt ihn "zukunftsblind" und die Ausführungen des Ministers teilweise "unredlich".

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Als Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Plenarsaal des Landtags verlässt, klopft er seinem Finanzminister im Vorbeigehen noch auf die Schulter. Albert Füracker (CSU) hatte gerade erst den Doppelhaushalt für den Freistaat für 2024/25 in den Landtag eingebracht, vorgestellt und gegen Vorab-Kritik verteidigt. Sein rhetorisches Mittel: Den Haushaltsentwurf aus Bayern mit der aus seiner Sicht "Dauer-Ampel-Haushalts-Chaos-Situation in Berlin" vergleichen.

Hohe Investitionsquote, keine Schulden

Ein Beispiel: Im Vergleich zum Bund und auch zu den anderen Bundesländern habe Bayern mit 15 Prozent des Haushaltsvolumens die höchste Investitionsquote, so Füracker. Und zwar ohne dafür Schulden zu machen, betont der Minister: "Wir bleiben umsichtig, wir bleiben vorausschauend. Wir wollen künftigen Generationen nicht unsere Lasten, sondern kluge und gute Fundamente vererben." Verbales eigenes Schulterklopfen auch, als er das insgesamt 149 Milliarden Euro schwere Finanzpaket für 2024 und 2025 einen "Premiumhaushalt" mit "Triple A"-Qualität bezeichnet.

Die schon vorab geäußerte Kritik der Opposition, er gehe ja an die Rücklagen und verkaufe damit bayerisches Tafelsilber, kontert der Minister: "Wenn nichts mehr drin wäre, könnten wir auch nichts mehr entnehmen". Sprich: Man habe in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet und könne so auch davon ausgehen, dass man auch wieder neue Rücklagen aufbauen könne.

Schwerpunkte: Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft

Jeder lerne doch "eigentlich schon in der Grundschule, wer Geld ausgeben will, muss es erst einmal einnehmen", argumentiert auch der Haushaltspolitiker der Freien Wähler, Bernhard Pohl, pro Einhaltung der Schuldenbremse und hat dabei vor allem die Debatten auf Bundesebene im Blick. Die Grünen, so Pohl, würden beim Geldausgeben nicht darauf schauen, wie man es erwirtschafte. Notfalls, so der Freie Wähler weiter, belaste man die Steuerzahler und "dann pickt Ihr Euch die Leute raus, die Euch am wenigsten wählen, die Landwirte". Pohl bezieht sich damit auf die Abschaffung der Subvention des Agrardiesels und greift die Grünen im Landtag für die Politik der Bundesregierung scharf an: Mit den Landwirten werde "ein Exempel" statuiert. Das sei ökonomisch und gesellschaftspolitisch "blanker Unsinn", so Pohl weiter.

Richtig sei der Kurs der bayerischen Staatsregierung: keine Schulden und dennoch mehr Geld für Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft. Konkret: Haushaltsmittel für mehr als 4.000 neue Lehrerstellen, sowie für die High-Tech-Agenda. "Wir investieren besonders viel, zielgerichtet und gut", so der Freie Wähler Pohl.

AfD: Zu viel Geld für Asylsuchende

Generelle Kritik am Haushalt kommt von der AfD. Deren Haushaltspolitiker will von einem "Premiumhaushalt" nichts wissen. Er ist der Ansicht, den Bürgern wäre ein geringeres Haushaltsvolumen lieber, wenn sie gleichzeitig weniger Steuern und Sozialabgaben leisten müssten: Die CSU vergesse mit ihrem "Premiumhaushalt", dass der Bürger lieber "weniger Premium beim Staat, und mehr Premium zu Hause hätten", so der AfD-Politiker. Von einer Aufgabe würde die AfD den Staatshaushalt ohnehin gerne entlasten: Jurka zufolge gebe das "Asyl- und Bürgergeldparadies" Bayern zu viel Geld aus für Asylbewerber. Und er fragt in Richtung Staatsregierung, "warum wir je nur einen einzigen Euro für die Illegalen ausgegeben haben".

Grüne kritisieren: "Kürzung an Bayerns Zukunft"

Die Kritik der Landtagsgrünen geht in eine ganz andere Richtung. Deren Haushaltsexpertin Claudia Köhler findet, der Entwurf sei "zukunftsblind" und setze falsche Schwerpunkte. Söder kürze an Bayerns Zukunft und gehe kein Thema ambitioniert an: "Windkraft, Geothermie, Schulessen, Ganztag, Wohnungsbau, Klimaschutz: nichts", so die Landtagsgrüne. Auch die Einführung des Wasser-Cents sowie des Gehörlosengelds, die beide im Koalitionsvertrag als Ziele in dieser Legislaturperiode stehen, vermisst Köhler im Haushalt der Staatsregierung. Stattdessen, so die Grünen-Abgeordnete, seien im Haushaltsentwurf für "Mondmissionen aus Bayern" bis zu 100 Millionen Euro vorgesehen.

SPD: Mehr Geld für Wohnraumförderung kommt nicht aus Bayern, sondern vom Bund

Zehn Millionen Euro weniger für den Nahverkehr, und auch zehn Millionen weniger für kommunale Schwimmbäder, dazu ein Zusammenstreichen der Unterstützung für die Schulen finanzschwacher Gemeinden. Das sind Beispiele, die den SPD-Haushälter Volkmar Halbleib am neuen Doppelhaushalt ärgern. Er nennt ihn statt "Premium-, Kürzungshaushalt". Die Staatsregierung spare zudem bei Tierheimen und der Hospizarbeit. Und bei der angeblich gestiegenen Wohnungsbauförderung, von der der Finanzminister gesprochen habe, gehe die Steigerung auf den Bund zurück. Der Anteil Bayerns stagniere. "Sich dann hinzustellen und mit dem Finger auf die Ampel zu zeigen, das ist unredlich", ärgert sich Halbleib am Rednerpult.

Wie die anderen Oppositionsfraktionen auch, moniert die SPD, der Haushalt komme ein halbes Jahr zu spät. Das sei fatal für alle, die auf zusätzliche Mittel angewiesen seien – unter anderem für neue Ganztagsplätze und Horte und die Jugendsozialarbeit.

Haushalt wird voraussichtlich im Frühsommer verabschiedet

Tatsächlich wird es noch dauern, bis der Haushalt fürs laufende Jahr verabschiedet ist: Der Entwurf des Doppelhaushalts wird nun in den jeweiligen Fachausschüssen weiter beraten, diskutiert und gegebenenfalls modifiziert, bevor er im Frühsommer dann noch einmal in der Vollversammlung behandelt und zur Abstimmung gestellt wird.

Wenn das erledigt ist, dann darf der Finanzminister voraussichtlich wieder mit einem Schulterklopfen seines Chefs rechnen. Dass die Opposition ihn ebenfalls loben wird, ist angesichts unterschiedlicher Ideen für die Zukunft eher unwahrscheinlich.

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