Rassistisch beschmiertes Wahlplakat des Grünen-Landtagsabgeordneten Benjamin Adjei, das von Anwohnern mit einem Zettel überklebt wurde.
Bildrechte: BR/Benjamin Adjei

Rassistisch beschmiertes Wahlplakat des Grünen-Landtagsabgeordneten Benjamin Adjei, das von Anwohnern mit einem Zettel überklebt wurde.

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Angriff auf Politiker: Grünen-Wahlplakat rassistisch beschmiert

In München sind Wahlplakate des Grünen-Landtagsabgeordneten Benjamin Adjei rassistisch beschmiert und angezündet worden. Anwohner solidarisierten sich und überklebten die Schimpfworte und Zeichnungen. Die Polizei ermittelt.

Es war einer der verregneten Tage Ende Juli, deshalb brannte es nicht vollständig ab. Wahlplakate des Grünen-Landtagsabgeordneten Benjamin Adjei wurden angezündet und beschmiert – mit heftigen rassistischen Beleidigungen. "Das ist natürlich schon ein Schock, wenn du merkst, da ist Rassismus gegen dich als Person gerichtet und du das auf deinen Plakaten siehst, auf deinem eigenen Kopf", erzählt der 33-jährige Abgeordnete aus dem Stimmkreis München-Moosach. Zwei Plakate wurden zunächst rassistisch beschmiert, später angezündet. Von "massiven Beschimpfungen" spricht Adjei. "Da war das N-Wort mit drauf, und der Aufruf 'Nein, danke'." Auf einem zweiten Plakat, erzählt Adjei, sah man eine Schusswunde. „Mitten auf meiner Stirn, mit runter strömendem Blut."

Täter lassen nicht locker: Neue Plakate werden angezündet

Kurz bevor Adjei zusammen mit dem Ortsvorsitzenden Paul Hendel in die Pappelallee der Münchner Fasanerie gefahren war, um sich die beschmierten Plakate anzusehen, landeten drei E-Mails in seinem Postfach: Von Anwohnern, die ihn auf die Schmierereien aufmerksam machten und die Stellen mit anti-rassistischen Sprüchen überklebten. Adjei ging zur Polizei, erstattete Anzeige und tauschte die Plakate aus.

Am nächsten Tag: erneute Beschädigung. Eines der überklebten Plakate wurde samt Holzständer zusammengetreten und angezündet. "Es gab Brandspuren." Brandstiftung, aufgemalter, blutendender Kopfschuss – für Adjei, der seit 2018 Landtagsabgeordneter ist, geboren in Tegernsee, aufgewachsen in Bad Tölz, Sohn eines Ghanaers und einer Deutschen, nicht mehr nur beleidigend, sondern bedrohlich. "Da steckt schon Gewaltpotenzial dahinter".

Polizei ermittelt und geht gegen Täter vor

Aktuell ermittelt das Dezernat für "politisch motivierte Kriminalität" der Münchner Polizei und wird den Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben. Die wird klären müssen, ob es sich tatsächlich um eine Bedrohung handelt, um Beleidigung oder Volksverhetzung.

Auch Michael Weinzierl, der Beauftragte der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, hat sich eingeschaltet. "Es sind Angriffe auf Menschen, die für ihre Überzeugungen, für ihr politisches Engagement und für demokratische Werte einstehen und deswegen stellvertretend für Ihr Amt zur Zielscheibe von Hass und Hetze werden". Das sei nicht "tolerierbar", weshalb die Polizei "konsequent gegen Täter" vorgehe. Aber auch die Gesellschaft ruft Weinzierl auf, Betroffenen "zu helfen und Zivilcourage zu zeigen".

"Schleichende Normalisierung" von Rassismus

Wie Anwohner Hardy Koth. Auf einer Social-Media-Plattform schrieb er, kurz nachdem er die Schmierereien bemerkte: "Nachdem wir uns mitten in der Nacht schon die "Sieg heil" Gesänge in unserer Nachbarschaft anhören mussten, haben wir diese Woche dieses mit dem N-Wort beschmierte Wahlplakat entdeckt." Er beklagt im BR-Gespräch eine "schleichende Normalisierung" von Rassismus und "breitere Akzeptanz in der Bevölkerung". Es sei "toll", dass Menschen solche Hetzte überkleben, am Ende aber nur "ein symbolisches Pflaster auf einer immer größer werdenden gesellschaftlichen Wunde."

Partei verspricht Rückendeckung

Benjamin Adjei will sich davon nicht unterkriegen lassen und ist dankbar für die Unterstützung aus seinem Viertel. "Es sind einzelne wenige, die ihren Hass nach außen tragen, aber die meisten gehen dagegen vor und wollen mit solchen Sachen in ihrem eigenen Viertel nichts zu tun haben."

Unterstützung erhält Adjei auch von seiner Partei. Er habe die "unbedingte Rückendeckung", sagt die bayerische Grünen-Vorsitzende Eva Lettenbauer. "Wir stehen hinter ihm und stellen uns jedem Rassismus und jeder Diskriminierung entgegen."

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