Percy Adlon bei einem BR-Dreh zu "30 Jahre Out of Rosenheim"
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"Out of Rosenheim": Filmemacher Percy Adlon gestorben

Der Münchner Regisseur Percy Adlon feierte 1987 mit "Out of Rosenheim" einen Welterfolg. Jetzt ist der Filmemacher, dem seine kreative Freiheit immer das Wichtigste war, nach Angaben seiner Familie mit 88 Jahren in Los Angeles gestorben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Er war ein Bayer in Hollywood, BR-Zuschauer kannten ihn und vor allem seine Stimme auch aus zahlreichen Dokumentationen. "Ich habe immer mehrere kleine Begabungen, die für eine große nicht reichen, gebündelt und daraus den Filmemacher zusammengesetzt", hat Percy Adlon im Rückblick auf seine bemerkenswerte Karriere einmal gesagt. Mit zwölf hat er zu singen begonnen, bis Stimmband-Probleme ihn stoppten. Mit 20 wollte er Schauspieler werden, kam aber über den jugendlichen Liebhaber nicht hinaus. Und dann? Entdeckte ihn der BR als Autor. Über ein kleines Porträt der Dichterin Annette Kolb kam er 1970 zum Dokumentarfilm, wenig später auch zum Spielfilm. Über 80 Geschichten hat Percy Adlon mit ganz eigener Handschrift verfilmt.

Percy Adlon: Über Umwege zum Film

Am liebsten waren ihm immer die scheinbar alltäglichen Szenen, in denen überraschend etwas passiert und wo sich dann – wie er es ausdrückte – "der ganze Boden so leicht hebt". Wenn etwa eine Frau aus Bayern mit ihrem Rollkoffer durch die Wüste Kaliforniens in ein neues Leben stapft, wie in "Out Of Rosenheim", 1987. Jasmin Münchgstettner, gespielt von Marianne Sägebrecht. Der Film wurde zu einem Überraschungs-Hit des Independent-Kinos. War es Zufall oder Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet dieser Erfolg dem am Starnberger See aufgewachsenen Percy Adlon ermöglichte, sich mit Mitte 50 einen Traum zu erfüllen und nach Pacific Palisades in Kalifornien zu ziehen, wo er bis zu seinem Tod lebte? "Wir waren drauf und dran, unser Leben mal zu ändern, nur hätten wir es uns nicht leisten können. Nach all den Jahren Funk und Fernsehen kam die große Kohle aus der ganzen Welt, weil alle diesen Film liebten", sagte Adlon später über den unverhofften Erfolg.

Welterfolg "Out of Rosenheim"

In "Out of Rosenheim" bündelte sich so vieles, was Percy Adlon ausmachte. Er war ein Leben lang ein Mann zwischen starken Frauen. Geboren 1935 in München, das "Söhnchen" seiner Mutter Susanne Adlon aus der Familie, der das berühmte Hotel in Berlin gehörte. Geprägt von harten Kontrasten, dem Krieg, der Befreiung durch die Amerikaner, dem Neuanfang nach 1945. Kein Zufall, dass so viele tapfere, widerständige Frauen seine Filme bevölkern. Percy Adlon porträtierte unter anderem Franziska zu Reventlow, die femme fatale der Schwabinger Boheme, Sophie Scholl, aber auch eine ganz spezielle Münchner Pflanze: die Karikaturistin Franziska Bilek, Schöpferin vom legendären Herrn Hirnbeiss, in der Abendzeitung. 1978 war das.

"Ich habe ja so eine Theorie gehabt: Ich könnte in jedes Haus gehen, ganz egal wo. Und wenn man aufmerksam genug hinschaut, kommt da eine Geschichte dabei raus. Denn die Menschen haben ja Geschichten."

Bis er es sich selbst zugetraut hat, diese Geschichten wahrzunehmen und dann auch zu erzählen, hat es allerdings ein paar Jahre gedauert. In München studierte er ab Mitte der 1950er-Jahre Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft, nahm außerdem Schauspielunterricht. Aber der Traum, Schauspieler zu werden, erfüllte sich nicht für Adlon: "Der Alltag des Schauspielers, dieses sich immer wieder neu Erfinden – das war mir nicht gegeben."

Aufmerksamer Geschichtenerzähler

Mit Mitte 20 bekam Percy Adlon die Chance, für den Bayerischen Rundfunk Literatur zu lesen. Bald wurde er auch als Sprecher und Reporter beim Fernsehen gebucht. Und damit nahm die Sache Fahrt auf. Die Filme wurden länger, die Stoffe komplexer. In den 1970ern drehte Adlon vor allem historische Dokumentationen über Musik, Literatur oder Kunst. Anfang der 1980er aber wurde ihm das zu abgehoben, wie er sagte, das Leben der Gegenwart, die normalen Leute, interessierten in plötzlich mehr. Und die erfundenen Geschichten mehr als die gefundenen.

Der gewisse anarchische Spirit

"Zuckerbaby", 1984. Eine Liebesgeschichte, die sich in der Münchner U-Bahn entfaltet. Marianne Sägebrecht in ihrer ersten Hauptrolle. Eine rührende Tragikomödie, die es bis auf die Berlinale schaffte, wo die Sägebrecht als Inkarnation der bayerischen Venus gefeiert wurde. Was zeichnet seine Filme aus? Es ist die Konzentration auf wenige Menschen und Schauplätze. Auch mit seiner eigenen Familien-Geschichte hat sich Percy Adlon filmisch auseinandergesetzt, Mitte der 1990er drehte er eine Dokumentation über die glanzvolle Welt des Hotel Adlon in Berlin, das sein Urgroßvater 1907 eröffnet hatte. Der Film war, wie so viele, selbstproduziert, mit seiner Frau Eleonore und Sohn Felix. Der vielleicht wichtigste Adlon'sche Charakterzug – dieser gewisse anarchische Spirit, der ihn seine Geschichten immer selber auswählen und im Familienunternehmen umsetzen ließ.

Percy Adlon starb am Sonntag in seiner Wahlheimat Los Angeles im Alter von 88 Jahren, wie der BR aus Familienkreisen erfuhr. Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) würdigte Adlon am Montag als "Freigeist, Kultregisseur und stolzer Bayer in Hollywood".

Im Podcast: "Out of Bavaria" - Ein Bayerisches Feuilleton zum Tod von Percy Adlon

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