Lashana Lynch als Rita Marley und Kingsley Ben-Adir als Bob Marley in einer Szene des Films «Bob Marley: One Love» (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 15.02.2024 in die deutschen Kinos. (zu dpa-Kinostarts) Foto: Chiabella James/Paramount Pictures Germany/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung bis zum 15.09.2024 im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den Film und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
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Kinostart - "Bob Marley: One Love"

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"One Love": Biopic über den Aufstieg von Bob Marley zum Weltstar

1976 begann die steile Karriere des früh verstorbenen Bob Marley: Der Rastafari-Anhänger und Subkultur-Held wurde zum internationalen Musikstar. Davon erzählt jetzt das Biopic "One Love", Brad Pitt und Rita Marley haben den Film produziert.

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Oje, denkt man als alter Marley-Fan während der ersten Minuten dieses Films, da wird Bob Marley ja so richtig zum Winnetou, zum edlen Wilden gemacht: Kingsley Ben-Adir spielt den Musiker mit im Fitness-Studio akkurat austrainiertem Body und stylish-wallenden Dreadlocks. Bob Marley aus Jamaika war ein Popstar der 70er-Jahre, er hat sich gern bewegt, seinen Körper aber hat er nicht ein wie Fashion Model geformt.

Popstar der Dritten Welt

Lässt man sich ein auf die filmische Biographie "One Love", wird klar: Hier wird an der Ikonographie gearbeitet für eine Generation, die den Künstler und seinen Aufstieg nicht miterlebt hat. Marleys Musik und seine Verdienste als charismatischer Popstar der Dritten Welt werden nachvollziehbar dargestellt in diesem Film. Das ist legitim und schon beginnt man über den glatten Hauptdarsteller ein wenig hinweg zusehen.

Wer würde heute noch einen Song wie "Natural Mystic" bringen, über den Zauber der göttlichen Natur? Eine Figur wie Marley ist heute nicht mehr denkbar im Pop-Zirkus. Der One-Love-Film setzt 1976 ein. Da waren Marley und seine exzellente Reggaeband, die Wailers, schon bekannt. Weil auf Jamaika Chaos und Gewalt herrschten, wollte der Sänger ein Gratis-Konzert geben, für Frieden und Verständigung werben. Sein Umfeld riet ab, aber Marley ließ nicht locker.

Von Jamaika nach London

Kurz vor dem Konzert stürmten Bewaffnete sein Anwesen, attackierten seine Frau und schossen auf Marley, sein Manager warf sich todesmutig vor ihn und bekam sechs Kugeln ab. Bob, Rita und der Manager überlebten, Marley absolvierte den Auftritt, verließ danach aber Jamaika. In London nahm er einige seiner wichtigsten Alben auf.

Es sind vor allem die Szenen, die in England spielen, die einen eigentümlichen Charme entfalten: Wenn Marley die Club-Auftritte der ersten Punkbands kommentiert, für Marihuana-Besitz in den Knast geht oder mit Kumpels Fußball spielt. Schwerer tut man sich bei Rückblenden, die auf Jamaika spielen.

So erfährt man zwar, dass der Musiker Sohn eines weißen Vaters und einer schwarzen Mutter war, was zu Diffamierungen auf beiden Seiten führte. Man erlebt auch, wie er mit Rita, seiner Frau und Mitglied der I-Threes, den Background-Sängerinnen der Wailers, zum Rastafari wurde. Die Rastas waren eine christlich-religiöse Gemeinschaft, die auf Distanz zur Konsum- und Leistungsgesellschaft ging, mit altbiblischem Weltbild. Im Film erfährt man kaum etwas über die Sekte, die durchaus problematische Züge hatte.

Großartiger Songschreiber

Marley war auch, was im Film nicht thematisiert wird, ein Riesen-Fan von Rock- und Soul, seinen ersten Sohn nannte er nach David Bowies Futurismus-Helden Ziggy Stardust. Er schrieb aufrüttelnde Protest-Songs und ergreifende Balladen, für die er Begriffe aus Psychologie und Soziologie verwendete. Eine Stärke des Films ist, dass man bei der Originalfassung die Liedtexte - in dem unverständlichem Cockney-Slang "Patois" vorgetragen - mitlesen kann. So offenbart sich die Brillanz dieses großartigen Songschreibers.

Spirituelle Popmusik

Bob Marley schuf mit den Wailers, was so gut wie nie Erfolg hat: spirituelle Popmusik. Das war einzigartig, es ist - und das zeigt der Film - nach wie vor mitreißend. Anders als heutige Hiphop-Stars interessierte sich dieser Künstler auch nicht für Geld oder protzige Statussymbole.

Trotzdem musste ihm Rita, seine Frau, die als Witwe den Film produziert hat, immer wieder den rechten Weg weisen. Was er sich einbilde, schnauzt sie ihn bei einem Streit auf offener Straße an, sie müsse schließlich auch seine unehelichen Kinder hüten. Dass Marley ein knallharter Macker war, wird ansonsten kaum thematisiert, stattdessen gibt es zahlreiche, berührende Szenen.

"One Love" porträtiert wie die Biopics über Freddy Mercury, Elton John, Tina Turner, Johnny Cash, Elvis und Ray Charles einen einstmals geächteten Popstar als heroische Lichtgestalt. Nichtfans dürfte der Hang zur Heiligsprechung bei "One Love" jedoch nerven, auch wenn der Film von Regisseur Reinaldo Marcus Green ähnlich solide inszeniert ist wie sein Biopic über die Karriere der Tennisschwestern Williams. Für Menschen, die sich für Marley und die Popmusik der 70er-Jahre interessieren, lohnt sich dieser Film.

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