Veranstaltungsplakat an einer Wand  in Uschhorod
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"Eine Brücke aus Papier": Autorinnen und Autoren aus der Ukraine und Deutschland treffen sich in Uschhorod

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"Eine Brücke aus Papier": Schriftstellertreffen mit Fliegeralarm

Fliegeralarm bei der Ankunft: Das unter dem Namen "Eine Brücke aus Papier" organisierte Treffen von Literaturschaffenden aus Deutschland und der Ukraine war in diesem Jahr in vieler Hinsicht anders als die vergangenen acht Jahre.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Diese "Brücke aus Papier" ist wirklich beeindruckend tragfähig: Seit 2015 gibt es jetzt unter diesem Namen Austausch und Treffen zwischen ukrainischen und deutschen Literaturschaffenden. Das Ganze wurde von Anfang an organisiert von Verena Nolte.

  • Zum Artikel: Juri Andruchowytschs Roman "Radio Nacht"

Fliegeralarm beim Ankommen

Gestern hat wieder so ein Treffen begonnen in Uschhorod, etwa 500 Kilometer entfernt von der Frontlinie, im Dreiländereck mit Slowakei und Ungarn. Aus Deutschland reisten dieses Jahr Dagmar Leupold, Marcel Baier, Kerstin Preiwuß, Thomas Lang und Ulrike Almut Sandig an. Von Beginn an stand das Treffen im Zeichen des Krieges: Schon die Teilnahmeliste macht das klar. Bislang war die Verteilung bei "Brücke aus Papier" immer paritätisch, sechs Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus der Ukraine und genauso viele aus Deutschland, außerdem stets eine gleiche Anzahl von Frauen wie von Männern. Dieses Mal sind es viel mehr Literaturschaffende aus der Ukraine, vor allem mehr Männer – darunter: Juri Andruchowytsch, Juri Durkot, Oleksandr Hawrosch, Bogdan Kolomijtschuk, Oleh Kozarew, Alexander Kratochvil, Pavlo Leno, Andrij Ljubka, Jurko Prochasko, Grigory Sementschuk, Artem Tschapaj, Artem Tschech. Die Schriftsteller unterliegen der Wehrpflicht und dürfen das Land nicht verlassen, haben aber für das Treffen von ihren Vorgesetzten freibekommen.

Gleich bei der Ankunft mit dem Bus – auch Jury Andruchowytsch war dabei – gab es Fliegeralarm – "ein wenig schöner Empfang", wie Organisatorin Verena Nolte im BR sagt, aber alle hätten gelassen reagiert. "Wir sind auf dem Platz gestanden und haben gewartet, bis die Entwarnung wieder kam und haben an die Menschen gedacht, die es trifft."

"Das Hotel hat keinen Keller, in den man gehen könnte"

Die Teilnehmenden waren vorher informiert worden, dass das Hotel keinen Keller habe, bei dem man bei Alarm Schutz findet. Wenn es während der Veranstaltungen Fliegeralarm gebe, müssten die Veranstaltungen unterbrochen werden, das sei Gesetz in der Ukraine und das hätten sie vorher mit den Teilnehmenden abgeklärt. Aber in Uschhorod sei eigentlich kein Keller erreichbar und die Menschen blieben auf der Straße, erstaunlich gelassen. "Das ist eben Erfahrung", so Nolte, die dort bei ihrem jetzigen Besuch selbst schon viermal Fliegeralarm erlebt hat.

Brücke aus Papier

Angefangen haben die Treffen "Eine Brücke aus Papier" vor dem Hintergrund des Euromaidan, der für die Öffnung der Ukraine nach Europa und für Unabhängigkeit kämpfte. Seitdem treffen sich Schriftsteller und Schriftstellerinnen jährlich zu Lesungen und Gesprächen – manchmal in Deutschland, vor allem in der Ukraine, und zwar auch während des Kriegs im Osten des Landes und auch nach dem 24. Februar 2022.

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Verena Nolte und Juri Andruchowytsch

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