Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am 16.11.23 im Deutschen Bundestag
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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am 16.11.23 im Deutschen Bundestag

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Nachtragshaushalt beschlossen: Regierung will Etat 2023 "heilen"

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Haushaltspläne der Ampel-Regierung hat das Bundeskabinett reagiert. Ein Nachtragshaushalt für das laufende Jahr wurde auf den Weg gebracht, die Schuldenbremse soll wieder ausgesetzt werden.

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Die Bundesregierung will den Haushalt des laufenden Jahres nach dem Karlsruher Urteil verfassungsrechtlich absichern. Dafür hat das Kabinett jetzt einen Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht – und erste Schritte für die erneute Aussetzung der Schuldenbremse eingeleitet. Die endgültige Entscheidung darüber soll noch vor Weihnachten im Bundestag fallen.

"Mit dem Nachtragshaushalt 2023 ziehen wir die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts", erklärte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Es würden keine zusätzlichen Schulden aufgenommen. Im regulären Haushalt wird die Nettokreditaufnahme 2023 laut der Kabinettsvorlage bei 27,4 Milliarden Euro liegen statt der bisher anvisierten 45,6 Milliarden.

Nachtragshaushalt soll Kredite rechtlich absichern

Ein Nachtragshaushalt ist eine nachträgliche Veränderung eines bereits vom Parlament beschlossenen Etats. Damit will die Ampel-Regierung Kredite rechtlich absichern, die für die Energiepreisbremsen sowie zur Unterstützung von Flutopfern in diesem Jahr bereits genutzt wurden. Es geht um rund 45 Milliarden Euro. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist klar, dass die Regierung diese Kredite ohne Weiteres nicht hätte aufnehmen dürfen.

"Es geht um die Heilung eines Rechtsverstoßes, der eintreten würde, wenn wir jetzt nichts machen würden", hieß es aus dem Finanzministerium. Konkret soll die Rücklage im Klima- und Transformationsfonds um 60 Milliarden Euro gekürzt werden, die nach dem Karlsruher Richterspruch nicht mehr zur Verfügung stehen. Außerdem sollen dem Fonds für die Energiepreisbremsen nachträglich 43,2 Milliarden Euro an Krediten zugesprochen werden. Auch aus einem Topf für Aufbauhilfen nach der Flut im Ahrtal müssen 1,6 Milliarden Euro nachträglich auf rechtlich sichere Füße gestellt werden.

Bundestag muss außergewöhnliche Notlage erklären

Voraussetzung für all das ist, dass der Bundestag eine außergewöhnliche Notlage erklärt und so zum vierten Mal in Folge die Schuldenbremse aussetzt. In den vergangenen Jahren hatte das Parlament das zuerst mit der Corona-Krise und dann mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die deutschen Staatsfinanzen begründet.

Ähnlich soll auch dieses Mal argumentiert werden: Die tiefgreifenden humanitären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen des Krieges beeinträchtigten auch im Jahr 2023 erheblich die staatliche Finanzlage. Auch die Flutkatastrophe vom Sommer 2021 sei eine Notlage, die Beseitigung der Schäden sei noch nicht erledigt. Der Bundestag muss die außergewöhnliche Notlage mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließen. Das soll im Dezember geschehen.

Union will Ampel-Begründung sorgfältig prüfen

Die Union kündigte an, die Begründung der Notlage sehr sorgfältig zu prüfen und dann zu entscheiden, wie sie im Parlament abstimmt. "Unabhängig davon würde ich nicht zu einer Klage raten", sagte Fraktionsvize Mathias Middelberg der Deutschen Presse-Agentur. Die Union hatte die erste Klage beim Verfassungsgericht eingereicht.

Ohne die Absicherung hätte nach dem Karlsruher Urteil im Haushalt 2023 ein Verfassungsbruch gedroht. Denn die Richter entschieden, dass der Bund sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen darf. Genau das hat der Bund nach Auffassung von Experten aber gemacht – im Wirtschaftsstabilisierungsfonds für die Energiepreisbremsen und im Fonds zur Fluthilfe.

Ampel will Rechtssicherheit schaffen

In der Kabinettsvorlage heißt es, die Regierung aus SPD, Grünen und FDP schaffe mit den Maßnahmen Klarheit und Rechtssicherheit. Alle Ausgaben aus dem Klima- und Transformationsfonds für 2023 seien gesichert, für 2024 stünden ausreichend Mittel bereit. Kürzungen dürften damit auf die Jahre ab 2025 geschoben werden.

Mit dem Nachtragshaushalt sollen zudem einige technische Veränderungen im Haushalt vorgenommen werden. Die Höhe der Steuereinnahmen und die Zinsausgaben werden an die aktuellste Prognose angepasst. Außerdem fällt ein Darlehen über zehn Milliarden Euro für die Aktienrente weg, weil die dafür nötige Stiftung noch nicht gegründet ist. Das Vorhaben Aktienrente an sich sei damit aber nicht vom Tisch, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium.

Mit Informationen von dpa und Reuters

Video: Gespräch mit Hubert Aiwanger zum Haushalt

Gespräch mit Hubert Aiwanger, Freie Wähler, Bayerischer Wirtschaftsminister, über den Nachtragshaushalt
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Gespräch mit Hubert Aiwanger, Freie Wähler, Bayerischer Wirtschaftsminister, über den Nachtragshaushalt

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