Nancy Faeser
Bildrechte: pa/dpa/Michael Kappeler

Nancy Faeser

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

­Faeser verteidigt geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts

Das Bundeskabinett will heute mit einer Reform des Staatsbürgerschaftsrechts Einbürgerungen vereinfachen. Laut Bundesinnenministerin Faeser soll das die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken, es gibt aber auch Kritik an der Neuregelung.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), deren Gesetzentwurf zur Vereinfachung von Einbürgerungen das Bundeskabinett heute beschließen will, bezeichnete ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht als einen "entscheidenden Schlüssel" für eine größere Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Stärkung im "Wettbewerb um die besten Köpfe"

"Wir sind mitten in einem weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir werden die besten Köpfe aber nur gewinnen, wenn sie in absehbarer Zeit voll und ganz Teil unserer Gesellschaft werden können", erklärte sie.

Geringere Anforderungen und Doppelpass

Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts soll die Wartezeit bis zu einer Einbürgerung verkürzt werden. Künftig soll dies schon nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren möglich sein. Auch ist die Zulassung des sogenannten Doppelpasses, also einer Mehrstaatigkeit, vorgesehen. Bislang muss vor einer Einbürgerung die ursprüngliche Staatsbürgerschaft grundsätzlich aufgegeben werden.

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion aufgrund des Kommentars von "herz" im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es in Deutschland nur bei gewissen Ausnahmen möglich, die doppelte Staatsbürgerschaft zu erhalten. Die europäische Globalcit-Datenbank, die am europäischen Hochschulinstitut (EUI) im italienischen Fiesole erhoben wird, hat einen klaren Trend zur vollen Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft in den 191 untersuchten Ländern ausgemacht. Demnach akzeptierten im Jahr 2022 49 Prozent der Länder weltweit die doppelte Staatsbürgerschaft vollständig, während nur 21 Prozent die doppelte Staatsbürgerschaft nicht akzeptieren. Auch in Europa kann man in vielen Ländern mittlerweile ohne Restriktionen eine mehrfache Staatsbürgerschaft erwerben. Finnland zum Beispiel akzeptiert mehr als eine andere Staatsbürgerschaft bei finnischen Bürgern. Ebenso handhaben Nachbarländer wie Frankreich die sogenannte Mehrstaatigkeit, auch hier ist es möglich, mehr als zwei Staatsangehörigkeiten zu besitzen, ohne eine dieser Staatsangehörigkeiten aufzugeben. 💬

Für Menschen, die bis in die 1970er Jahre als Gastarbeiter nach Deutschland oder bis 1990 als Vertragsarbeiter in die DDR kamen, soll es geringere Anforderungen an Sprachkenntnisse geben. Sie sollen auch keinen Einbürgerungstest machen müssen.

Würdigung der "Gastarbeitergeneration"

Die Reform ist aus Sicht der Ministerin damit auch Teil einer Modernisierung der Gesellschaft. "Wir wollen, dass Menschen, die längst Teil unserer Gesellschaft sind, unser Land auch demokratisch mitgestalten können", sagte sie. Viele Zugewanderte fühlten sich als Deutsche, wollten aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen: "Sie werden künftig nicht mehr gezwungen sein, einen Teil ihrer Identität aufzugeben." Die "enorme Lebensleistung der Gastarbeitergeneration" für Deutschland werde durch zusätzliche Erleichterungen bei der Einbürgerung gewürdigt, betonte die Innenministerin.

Rassismus soll außen vor bleiben

Faeser hob jedoch hervor, dass an Neubürger Anforderungen hinsichtlich der demokratischen Integration gestellt würden. Deutscher könne nur werden, wer sich zur freiheitlichen und vielfältigen Gesellschaft bekenne. "Rassismus, Antisemitismus oder jede andere Form von Menschenfeindlichkeit stehen einer Einbürgerung entgegen. Da gibt es keinerlei Toleranz", versicherte sie. Der Gesetzentwurf schließe die Einbürgerung für Menschen, die aus antisemitischen oder rassistischen Motiven Straftaten begangen haben, aus.

Ataman befürchtet weiter Diskriminierung

Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, begrüßte die Reform grundsätzlich, sieht aber auch noch "großen Nachholbedarf". Ataman stört, dass Einbürgerungswillige nach den Plänen einen gesicherten Lebensunterhalt nachweisen müssen.

"Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende und ältere Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen", könnten die Anforderungen an einen gesicherten Lebensunterhalt oft nicht erfüllen, sagte sie der dpa. Ihnen werde die Einbürgerung mit der geplanten Reform "unnötig schwer gemacht". Hier brauche es eindeutige Klarstellungen für Härtefälle im Gesetz, damit Diskriminierungen nicht begünstigt werden.

Opposition sieht große Risiken

Die Union im Bundestag hält die Reform aus ganz anderen Gründen für einen großen Fehler. "Das Gesetz sendet die falschen Signale in einer Zeit, in der die Integrationsprobleme in unserem Land immer größer werden und die illegale Migration völlig aus dem Ruder läuft", sagte Innenpolitiker Alexander Throm (CDU). Echte Integration brauche Zeit - es steige daher das Risiko, dass Menschen eingebürgert würden, die sich nicht ausreichend in die Gesellschaft eingelebt hätten.

14 Prozent der Bevölkerung ohne deutschen Pass

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben gegenwärtig etwa 14 Prozent der Bevölkerung keinen deutschen Pass - etwas mehr als zwölf Millionen Menschen. Von ihnen lebten rund 5,3 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. Auch dies zeige, dass das Staatsangehörigkeitsrecht modernisiert werden müsse.

2022 hätten 168.545 Menschen den deutschen Pass beantragt, das seien gerade einmal 3,1 Prozent der ausländischen Staatsbürger, die seit mindestens zehn Jahren hier lebten. Im EU-Vergleich sei die deutsche Einbürgerungsrate unterdurchschnittlich.

  • Zum Artikel: Deutsche Staatsbürgerschaft: Einbürgerungen in Bayern steigen

Mit Informationen von KNA und dpa

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!