Steg am Starnberger See.
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Im Streit um einen Uferabschnitt am Starnberger See hat das Verwaltungsgericht in München die Klage einer früheren Hotelbetreiberin abgewiesen.

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Streit um Zugang am Starnberger See – Gericht weist Klage ab

Im Streit um einen Uferabschnitt am Starnberger See hat das Verwaltungsgericht in München die Klage einer ehemaligen Hotelbetreiberin abgewiesen. Konkret ging es um die Frage, ob die Liegewiese explizit für Hotelgäste ausgeschildert werden darf.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Darf ein Hotel in Seeshaupt eine Liegewiese am Starnberger See exklusiv nur für Hotelgäste ausweisen? Konkret ging es am Verwaltungsgericht München um die zentrale Frage: "Handelt es sich bei dem betreffenden Grundstück um freie, allen zugängliche Natur?"

Die ehemalige Eigentümerin eines großen Hotels in Seeshaupt hatte in dieser Sache gegen den Freistaat Bayern geklagt. Die untere Naturschutzbehörde im Landkreis Weilheim-Schongau hatte das Hotel nämlich wiederholt aufgefordert, ein Schild mit der Aufschrift: "Privater Bereich, nur für Hotelgäste" zu entfernen und Schilder dieser Art künftig zu unterlassen.

Klage abgewiesen - Klägerin muss Verfahrenskosten tragen

Nun hat das Verwaltungsgericht in München die Klage der ehemaligen Hotelbetreiberin abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei dem Grünstück um "freie Natur". Eine ausführliche Begründung für diese Entscheidung soll in den nächsten Wochen kommen.

Die Klägerin muss zudem die Kosten des Verfahrens tragen. Der Streitwert, aus welchem unter anderem die Gerichtsgebühren berechnet werden, beträgt laut einem Gerichtssprecher 20.000 Euro. Das teilte das Verwaltungsgericht dem Bayerischen Rundfunk mit.

Grundstück am See laut Bebauungsplan "öffentlicher Badeplatz"

Laut der unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Weilheim-Schongau handelt es sich bei dem Grundstück am See um einen öffentlichen Badeplatz, das sei auch im Bebauungsplan eindeutig festgelegt.

So sehen das auch die Anwohnerinnen und Anwohner. Bei einem Besuch vor Ort meint zum Beispiel Günther Lang, dass das beim Bau des Hotels vor einigen Jahren klar gewesen sein müsste: "Das war beim Bau dieses Hotels vereinbart, dass die Anwohner hier weiterhin ihr Baderecht haben. Bis jetzt war es ja nach wie vor möglich. Und das sind ja ganz viele Seeshaupter, die den Sommerabend ausnutzen und den Sonnenuntergang auf dem Steg beobachten", so der Anwohner.

Neuer Eigentümer will einvernehmliche Lösung mit Gemeinde

Das Schild "Privater Bereich, nur für Hotelgäste" ist mittlerweile nicht mehr da. Im Oktober vergangenen Jahres gab es einen Eigentümerwechsel des Grundstücks. Der neue Eigentümer hatte die Klage quasi beim Kauf mit übernommen. Der Mann, der nicht namentlich erwähnt werden will, betonte vor Ort im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk, dass er eine einvernehmliche Lösung mit der Gemeinde Seeshaupt suche und er auch bereit sei, in nächster Zeit mit dem Bürgermeister über dieses Thema zu sprechen.

"Augenschein": Gericht sieht sich Lage vor Ort an

Um sich vor der Entscheidung selbst ein Bild von der Lage vor Ort zu machen, haben sich alle Prozessbeteiligten bei einem sogenannten "Augenschein" gestern Morgen am Seeufer getroffen. Auch der Bayerische Rundfunk war vor Ort. Am Mittwochnachmittag begann dann am Münchner Verwaltungsgericht die Verhandlung.

Der Anwalt der Klägerseite berief sich auf sein Eigentumsrecht. Schon aufgrund der geringen Größe des Grundstücks von nur etwa 20 Metern Länge könne es keine freie, öffentlich zugängliche Natur sein, so der Anwalt. Auch nicht, da die Baufläche daneben, also das Hotel, das Grundstück präge. "Der Umstand, dass das Hotel direkt am See liegt, bedeutet nicht automatisch, dass das Grundstück freie Natur ist", so der Anwalt weiter. Zudem würde an warmen Tagen eine entsprechend große Menge an Badegästen Müll hinterlassen, zum Nachteil der erholungsuchenden Hotelgäste.

Öffentlicher Steg kann nur über Grundstück des Eigentümers betreten werden

Ein Vertreter der oberen Naturschutzbehörde der Regierung von Oberbayern argumentierte im Prozess hingegen, dass auch sehr schmale Grundstücke freie Natur sein können, das hätten auch entsprechende Urteile in anderen, ähnlichen Fällen gezeigt. Beim Kauf des Grundstücks vor einigen Jahren sei mit der Gemeinde vereinbart worden, dass der öffentliche Steg im Wasser weiterhin zugänglich bleiben müsse.

Die Vorsitzende Richterin erklärte während der Verhandlung, dass selbst, wenn das Gericht eine Entscheidung getroffen hat, noch immer viele Fragen offen bleiben werden. Sie empfahl daher dem Grundstückseigentümer, sich zeitnah mit der Gemeine Seeshaupt auseinanderzusetzen, um eine langfristige Lösung zu finden. Die Gemeinde selbst war nicht beim Prozess beteiligt.

Unklar ist zum Beispiel, wie Badegäste den öffentlichen Steg betreten können. Der einzige Weg dorthin führt über den privaten Hotelparkplatz und die Liegewiese hinter dem Hotel.

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Direkt am Grundstück befindet sich ein öffentlicher Steg.

Betretungsrecht der freien Natur und seine Grenzen

Die Richterin erklärte bei der Verhandlung, dass es sich um einen außergewöhnlichen Fall mit einigen Besonderheiten handle.

Nach der Bayerischen Verfassung und dem Bayerischen Naturschutzgesetz darf grundsätzlich jeder zum Genuss der Naturschönheiten und zur Erholung die freie Natur ohne behördliche Genehmigung und ohne Zustimmung des Grundeigentümers betreten. Dass dieses Betretungsrecht aber nicht immer gegeben und eindeutig ist, zeigten in der Vergangenheit auch andere Fälle.

Die Gemeinde Tegernsee hat dieses Problem beispielsweise vor ein paar Jahren gelöst, indem sie Uferstege im Wasser vor Privatgrundstücke angebracht hat.

Im Audio: Streit um Seezugang - Gericht weist Klage ab

Um diesen Uferabschnitt am Starnberger See ging es. Er befindet sich in Privatbesitz. Der Bebauungsplan sieht allerdings eine Nutzung als öffentlicher Badebereich vor.
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Um diesen Uferabschnitt in Seeshaupt am Starnberger See ging es. Er befindet sich in Privatbesitz.

Dieser Artikel ist erstmals am 25.04.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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