Eine Ampel am Galgen, ein Sarg und ein Dutzend Feuer auf Kreisverkehr-Inseln. Polizei und Feuerwehr im Ost- und Oberallgäu hatten letzte Nacht einen bizarren Einsatz. Die Beamten vermuten aber einen Protest-Hintergrund.
Bildrechte: Markus Dorer

Brennende Heuballen und Autoreifen lagen vergangene Nacht auf einigen Kreisverkehren in Ost- und Oberallgäu.

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"Protestfeuer" im Allgäu: Wer sind die Verantwortlichen?

In der Nacht sind im Allgäu Heuballen und Autoreifen angezündet worden – außerdem wurde eine Ampel an einem Galgen entdeckt. Es handelt sich offenbar um Protest gegen die Bundesregierung. Die Polizei ermittelt, der Bauernverband distanziert sich.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Es waren Heuballen, die brannten, manchmal auch alte Autoreifen. Das war auf den ersten Blick sichtbar. Aber wer für die Feuer verantwortlich ist, die nachts auf insgesamt zwölf Kreisverkehren in den Landkreisen Ostallgäu und Oberallgäu angezündet wurden, ist immer noch nicht klar.

Bei den Bränden ist nach jetzigem Stand kein großer Sachschaden entstanden. Die Freiwilligen Feuerwehren mussten aber spätnachts alle Feuer löschen – es dürfte ein anstrengender Einsatz für die Ehrenamtlichen gewesen sein. Bedrohlicher wirkt das, was Ermittler der Polizei in der Nähe der Feuer entdecken: Galgen mit einer Ampel und ein Sarg. Sie gehen deshalb von Protestaktionen aus.

Die Polizei in Schwaben hat Ermittlungen unter anderem wegen Sachbeschädigung aufgenommen. Verdächtige gebe es bislang nicht, nach den Verantwortlichen werde gesucht, erklärte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwabens Süd-West.

Grüne sehen Protestaktionen kritisch

Ein Galgen mit einer Ampel ist ein Symbol des Protests gegen die Ampel-Regierung im Bund. Ob es Meinungsfreiheit, Aufruf zum Mord oder irgendetwas dazwischen ist, mit einem symbolisierten Galgen gegen die Regierung zu protestieren, darüber wird momentan diskutiert.

Grünen-Politikerin Christina Mader aus dem Oberallgäu sieht diese Art von Protestaktionen kritisch. Die Feuer an den Kreisverkehren im Allgäu seien keine Form des Dialogs, hier gehe es nur darum, Aufmerksamkeit zu erregen oder einfach Angst zu machen. Das gehe auch an ihr nicht spurlos vorüber, sagt Mader. Man erschrecke bei Bildern von brennenden Feuern oder bei einem aufgestellten Sarg.

Was sie auch betont: Mit Landwirten und Landwirtinnen, die derzeit viele Proteste organisieren, könne man gute Gespräche führen. Für Mader sind das Problem vor allem Menschen aus dem, wie sie sagt, rechten Spektrum, aus der Querdenkerszene, die ebenfalls bei Protesten dabei sind.

Bauernverband Oberallgäu distanziert sich

In letzter Zeit waren Galgen mit einer Ampel unter anderem bei einigen Bauernprotesten zu sehen. Ob an den Protestfeuern mit Ampel-Galgen Landwirte beteiligt waren, ist unklar. Der Bauernverband Oberallgäu distanziert sich auf jeden Fall von den sogenannten Protestfeuern auf Kreisverkehren im Allgäu.

Ein unangemeldetes Feuer auf einem Kreisverkehr richte vielleicht keinen großen Schaden an, es könne aber der Eindruck entstehen, dass Landwirte oder andere Personen französische Verhältnisse auf der Straße möchten, so Andreas Hummel vom Bauernverband Oberallgäu. Dies wolle der Verband nicht, das gehe deutlich zu weit. Die Strategie des Bauernverbands sei eine andere: Man wolle mit den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern ins Gespräch kommen, um die Forderungen der Landwirte durchzusetzen.

Proteste gegen Ampel-Regierung

Die Landwirte demonstrieren seit Wochen gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. Sie fordern unter anderem den Erhalt der Agrardiesel-Subventionen. Den Protesten haben sich inzwischen aber auch Angehörige anderer Berufsgruppen angeschlossen. Ihnen geht es etwa um die Rücknahme der Lkw-Maut-Erhöhung und um eine Rückkehr zu einer Mehrwertsteuer von sieben Prozent für die Gastronomie. Unternehmer werfen der Bundesregierung vor, dass sie in Deutschland durch zu viele Regulierungen Nachteile hätten gegenüber Unternehmen aus dem osteuropäischen Ausland.

Nach Ansicht des Publizisten Albrecht von Lucke ist mit dem Ampel-Symbol an einem Galgen eine rote Linie überschritten. Er sagte bei BR24: "Dieses Symbol verbietet sich völlig. Und wenn es dann noch in einem Zusammenhang steht mit immer stärker zunehmenden direkten Maßnahmen gegen Politiker, dann ist das eine Grenze, die gefährlich wird." Wenn sich Menschen in der Folge nicht mehr in der Politik engagieren wollten, dann habe die Demokratie ein gewaltiges Problem. Eine gewisse Schuld sieht von Lucke bei den sozialen Medien. Diese hätten ein "Verhetzungs-Potenzial".

Video: Interview mit Publizist Albrecht von Lucke

Video: Interview mit Publizist Albrecht von Lucke zu den Protesten
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Video: Interview mit Publizist Albrecht von Lucke zu den Protesten

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