Demonstration der Maßnahmen-Gegner in Ansbach
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Ansbach: Corona-Demonstranten werden weniger

Rund 850 Teilnehmer haben in Ansbach gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert- deutlich weniger als zuletzt. Der Veranstalter hat nach BR-Recherchen kein Problem mit rechtsextremen Teilnehmern. Auch der Ukraine-Krieg spielt in der Szene eine Rolle.

In ganz Bayern sind Demonstrantinnen und Demonstranten aus dem Querdenken-Milieu "für eine freie Impfentscheidung" auf die Straße gegangen. Seit Wochen wurde in der Szene für Demonstrationen in den fünf Bezirkshauptstädten Ansbach, Regensburg, Augsburg, München und Landshut mobilisiert. Laut Angaben der Polizei sind am Nachmittag 850 Demonstrierende in Ansbach auf die Straße gegangen. Noch vor einem Monat nahmen an derlei Demonstrationen rund 2.500 Personen teil. Das sorgte auch in der Szene für Unmut. "Wir sind heute nicht viele. Leute wo seid ihr?", fragte ein Anhänger in einer Telegram-Chatgruppe.

Krude Thesen beim "Corona-Ausschuss"

Breits zu Beginn behauptete der Versammlungsleiter Markus S. in seiner Rede, dass "die Stadt Ansbach mit Unterstützung der Polizei sämtliche rote Linien überschritten" habe. Zukünftig wolle er daher keine Demo-Kooperationsgespräche mehr mit der Stadt führen. Weitere inhaltliche Reden unterblieben, stattdessen setzte sich der Zug unter den Rufen "Frieden, Freiheit, keine Diktatur" in Bewegung. Wie üblich wurde von einigen Personen ein Banner mit der Aufschrift "Corona-Ausschuss" mitgeführt. Bei diesem selbsternannten Gremium werden vermeintliche Experten zum Virus angehört – und teils krude Thesen verbreitet. Ein Verschwörungsideologe verbreitete die Falschnachricht, dass ein Viertel aller geimpften Menschen sofort sterben würde. Ein anderer Gast behauptete dort, dass ungeimpfte Menschen bald in Konzentrationslager gesteckt werden könnten – und Eltern ihre Kinder verstecken müssten.

Falschbehauptungen zu Impf-Zulassungen

Auf den Schildern war unter anderem zu lesen, dass das Coronavirus lediglich ein "Programm zur Lenkung der Massen" sei. Zudem wurde immer wieder fälschlicherweise behauptet, die Corona-Schutzimpfung sei ein "Gift ohne Zulassung". Eine Aussage, die vor allem in der Querdenken-Szene seit Monaten verbreitet wird. Den Behauptungen zufolge dürften Covid-19-Impfstoffe angeblich nicht mehr eingesetzt werden, da die Marktzulassungen ausgelaufen seien. Das aber stimmt laut der Faktencheck-Einheit von Correctiv nicht. Demnach wurden die Zulassungen bereits erneuert.

Medienfeindliche Stimmung auf Demonstration

In der Chatgruppe der Ansbacher Demonstranten wurde wenige Stunden vor Beginn der Demo zudem behauptet, dass eine mögliche Impfpflicht ein "Massenmordanschlag auf die deutsche Bevölkerung" sei. Deutlich wurde zudem eine Medienfeindlichkeit. So hieß es auf einem Plakat, eine Redakteurin der Fränkischen Landeszeitung – die kritisch zu den Demonstrationen in Ansbach berichtete – würde "Rufmord" und "Zensur" betreiben. Dem lokalen Ansbacher Hörfunksender Radio 8 warfen die Demonstranten auf einem Schild "Hetze" vor, der ARD wurde "Gehirnwäsche" unterstellt.

Russische Kriegspropaganda in Ansbacher Chatgruppe

Dass es bei den Demonstrationen des Milieus längst nicht nur um die Corona-Maßnahmen geht, zeigen nach BR-Recherchen die Inhalte der Ansbacher Chatgruppe, deren Administrator unter anderem der Demo-Organisator ist. In der Telegram-Chatgruppe wird sich intensiv mit dem Ukraine-Krieg beschäftigt. Beispielsweise wurden Videos weitergeleitet, die angeblich zeigen sollen, dass die russische Armee in der Ukraine "humanitäre Hilfe" leisten und "Lebensmittel verteilen" würde. In einem anderen Posting wird behauptet, dass "die ukrainische Armee ihr eigenes Volk bombardiert". Außerdem wurde eine Videoansprache von Russlands Präsident Wladimir Putin verbreitet. Auch wurden in der Ansbacher-Chatgruppe immer wieder Berichte der staatlichen russischen Senders Russia Today (RT) geteilt. Während der Demonstration in Ansbach war der Ukraine-Krieg aber kaum Thema. Lediglich eine Teilnehmerin rief immer wieder "Keine Waffen an die Ukraine" durch ihr Megafon.

Demo-Organisator mit Kontakten zu Rechtsextremen

An den Ansbacher Corona-Demos nehmen immer wieder Anhänger der rechtsextremen Szene mit eigenen Transparenten teil. Das ist kaum verwunderlich, da der Organisator der Demonstrationen nach BR-Recherchen selbst mit aktiven Neonazis aus der Region im Austausch steht. So beschwerte sich ein NPD-Funktionär intern darüber, dass er bei anderen Corona-Demonstrationen von Veranstalterseite nicht erwünscht sei. Markus S., Demo-Anmelder in Ansbach, entgegnete daraufhin: "In Ansbach ist es noch nie vorgekommen und wird auch nicht vorkommen". Eine Distanzierung gibt es demnach nicht. An der Demonstration konnte sich auch eine Gruppe von Rechtsextremen mit eigenen Transparenten inszenieren, ein NPD-Aktivist aus Nürnberg fungierte gar als Ordner der Versammlungsleitung.

200 Menschen protestierten gegen Corona-Demo

Gegen die Corona-Demonstration protestierten laut Polizeiangaben rund 200 Menschen in der Innenstadt mit einer eigenen Kundgebung. Diese wurde vom Bündnis "Ansbach solidarisch" unter dem Motto "Corona ist kein Spaziergang!“ organisiert. Dabei wollten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer solidarisch mit den Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen zeigen und ihr "Mitgefühl mit den Erkrankten" ausdrücken. Außerdem gedachten die Teilnehmer den mehr als 300 Toten der Corona-Pandemie in Stadt und Landkreis Ansbach. Besorgt zeigte sich das Bündnis "Ansbach Solidarisch" bezüglich der Äußerungen und Radikalisierung von Corona-Demonstranten in sozialen Netzwerken. Das Bündnis rief daher dazu auf "dringend Abstand zu Verschwörungsmythen, Demokratiefeinden und Reichsbürgerideologien" zu halten.

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