Ole Hofmann
Sehen Familien anders fern?
Eltern nutzen das Fernsehen anders
als gleichaltrige Zuschauer ohne Kinder. Sie sehen weniger, zu anderen
Zeiten, haben andere Programmvorlieben und konzentrieren sich auf
weniger Sender. Gemeinsames Fernsehen mit den Kindern findet vor
allem am Vorabend und in der Prime-Time statt.
Ein Blick auf die Fernsehnutzung von Familien
Auch wenn die
Vorstellungen dessen, was ein gutes Familienfernsehen ausmacht,
bei den Programmanbietern unterschiedliche Schwerpunkte aufzeigen
(s. Seite 11 ff.), so besteht Konsens in der Notwendigkeit, Familienprogramm
anzubieten. Familienprogramm gehört zum festen Bestandteil
der Programmplanung. Dahinter steht zugleich auch die unausgesprochene
Annahme, Familien würden andere Programme nutzen als andere
Zuschauer. Die übliche quotentechnische Erfolgsbilanz einzelner
Sendungen wird dieser Annahme jedoch nicht gerecht, da sie nur Zielgruppen
wie "Zuschauer gesamt" bzw. die werberelevanten Zielgruppen
abbildet. Einen Marktanteil der Zielgruppe "Familie" sucht
man vergebens. Unterscheidet sich die Fernsehnutzung von Familien
wirklich von der anderer Zuschauer?
Zielgruppe "Familie"
Die differenzierte Darstellung aktueller
Familienkonstellationen, wie sie beispielsweise Petzold (s. S. 19
ff.) in die Diskussion einbringt, macht vor allem eines klar: So
etwas wie "die Familie" gibt es nicht. In den Beiträgen
der Familienredaktionen spiegelt sich jedoch ein gewisser Konsens
wider, der Familie in der klassischen Form als "Erwachsene
mit Kindern" versteht. In der Logik der GfK-Fernsehforschung
wäre eine Definition der Zielgruppe Familie entsprechend als
"Personen in Haushalten mit Kindern" denkbar.1
Eine veränderte Fernsehnutzung dieser Gruppe müßte
sich insbesondere im Vergleich zu anderen Zielgruppen zeigen.
Einen Marktanteil
der Zielgruppe "Familie"
sucht man vergebens
Ein Vergleich mit der Fernsehnutzung aller
Zuschauer ist dabei nur in einem ersten Schritt hilfreich, da Familien
im Durchschnitt jünger sind als die gesamte Fernsehbevölkerung
und sich die Fernsehnutzung mit zunehmendem Alter sehr stark verändert.
Um die Besonderheiten in der Fernsehnutzung von Familien aufzuzeigen,
wird daher auch die Vergleichsgruppe der Personen in Haushalten
ohne Kinder herangezogen, die annähernd im gleichen Alter sind
wie die Eltern von Kindern. Dies stellt ein zusätzlicher Altersfilter
von 20 bis 49 Jahren sicher. Auch wenn die so gewählten Zielgruppen
gewisse Unschärfen in der Abgrenzung beinhalten, sind sie als
erste Annäherung an die besondere Fernsehnutzung von Familien
gut geeignet. Die Trennung der Kinder als gesonderte Zielgruppe
neben den Eltern macht vor dem Hintergrund Sinn, dass Kinder fast
den ganzen Tag über autonom über ihr Programm entscheiden
können – sei es, dass sie allein das Hauptgerät nutzen
oder dass sie bereits über ein eigenes Fernsehgerät verfügen
(vgl. Krotz / Hasebrink 1998, S. 25).
Fernsehgewohnheiten von Eltern und anderen
Erwachsenen
Eltern sehen im Durchschnitt täglich
175 Minuten fern (vgl. Tab. 1). Dies ist eine gute Stunde mehr als
ihre Kinder (97 Minuten). Im Vergleich zu den gleichaltrigen Erwachsenen
in Haushalten ohne Kinder sehen Eltern nur 4 Minuten pro Tag weniger
fern. Entscheidender als dieser doch relativ geringe Unterschied
ist die Verteilung der Nutzung über den Tag (vgl. Grafik 1).
Grafik 1
Fernsehnutzung von Eltern, Kindern und
Erwachsenen ohne Kinder im Tagesverlauf
Quelle: GfK PC#TV Aktuell, BR-Medienforschung, Mo.-So.,
Jahresdurchschnitt 2000
Nachmittags sind Eltern seltener vor dem
Fernseher als Erwachsene ohne Kinder. In der Zeit zwischen 17.30
Uhr und 19.00 Uhr beträgt der Unterschied über 4 Prozentpunkte.
Gegen 20.00 Uhr kippt dies um und der Anteil der Eltern vor dem
Fernsehgerät steigt deutlich über den Wert der Vergleichsgruppe
ohne Kinder an. Zwischen 21.00 Uhr und 22.30 Uhr liegt der Anteil
der Eltern vor dem Fernsehschirm um rund 8 Prozentpunkte über
dem der Haushalte ohne Kinder. Der Höhepunkt der Fernsehnutzung
liegt bei Eltern um 21.30 Uhr, rund eine halbe Stunde später
als bei Erwachsenen ohne Kinder.
Die Verlaufskurve der Kinder steigt im Tagesverlauf
in drei Wellen an: Ab 8.30 Uhr sind über 5% der Kinder vor
dem Fernseher, am Nachmittag etwa jedes zehnte Kind und zwischen
18.30 Uhr und 21:00 Uhr sind zwischen 15% und 20% aller Kinder vor
dem Fernsehgerät (vgl. auch Feierabend / Simon 2000/2001).Vormittags
liegt der Anteil der mit dem Fernsehen erreichten Kinder über
dem der Eltern. Der Anstieg der Fernsehnutzung zur Prime-Time erfolgt
bei Eltern und Kindern etwa zur gleichen Zeit (18.00 Uhr - 18.30
Uhr). Während die Fernsehnutzung der Kinder aber zwischen 20.30
Uhr und 22.00 Uhr deutlich abfällt, erreicht die Nutzung der
Eltern zu dieser Zeit ihren Höhepunkt. Phasen, in denen die
Fernsehnutzung von Eltern und Kindern gleichzeitig ansteigt, sind
vor allem zwischen 18.30 Uhr und 20.00 Uhr zu beobachten. Hier wäre
ein erster Hinweis für eine gemeinsame Fernsehnutzung von Eltern
und Kindern zu vermuten.
Senderpräferenzen von Eltern
Neben dem Nutzungsverlauf über den Tag
zeigen sich auch in Bezug auf die gesehenen Sender gewisse Unterschiede
in den Präferenzen von Eltern und anderen Erwachsenen (vgl.
Tab. 1). Dabei bleibt die Reihenfolge in der Beliebtheit der Sender
bei Eltern und Erwachsenen ohne Kinder zwar erhalten, es ist aber
eine leichte Konzentration der Marktanteile auf die in dieser Altersgruppe
erfolgreichen Sender festzustellen. So entfallen bei den Eltern
rund 45% Marktanteil auf die Sender RTL, PRO7 und SAT.1, während
es bei den übrigen Erwachsenen nur gut 40% Marktanteil sind.
Bezogen auf die gesamte Fernsehbevölkerung können diese
drei Sender nur 33% Marktanteil auf sich vereinen. Im Vergleich
zu den übrigen Erwachsenen geht die Konzentration der Eltern
auf die drei großen Privaten insbesondere zu Lasten der hier
nicht weiter aufgegliederten Sender (übrige Sender -4,5 Prozentpunkte)
sowie des Angebots von ARD und ZDF. Die Fernsehnutzung der Kinder
konzentriert sich vor allem auf die Angebote von SuperRTL und den
KI.KA (zwischen 6.00 Uhr -19.00 Uhr) sowie auf die Programme von
RTL, RTL2 und PRO7.
Tabelle 1
Sehdauer und Marktanteile nach Sendern
im Jahresdurchschnitt 2000
Sender
|
Zuschauer gesamt
|
Kinder (3-13 Jahre)
|
20-49Jährige mit
Kindern
|
20-49Jährige ohne
Kinder
|
Sehdauer pro Tag (Min.)
|
190 = 100%
|
97 = 100%
|
175 = 100%
|
179 = 100%
|
Marktanteile in %:
|
|
|
|
|
ARD
|
14,3%
|
6,2%
|
8,6%
|
10,8%
|
ZDF
|
13,3%
|
5,0%
|
7,9%
|
9,2%
|
RTL
|
14,3%
|
12,8%
|
19,0%
|
16,0%
|
SAT.1
|
10,2%
|
7,3%
|
12,5%
|
12,0%
|
PRO7
|
8,2%
|
10,0%
|
13,0%
|
12,5%
|
RTL2
|
4,8%
|
12,3%
|
7,1%
|
6,4%
|
SuperRTL
|
2,8%
|
19,6%
|
3,3%
|
1,4%
|
KI.KA (*)
|
2,8%
|
15,9%
|
4,6%
|
0,9%
|
Übrige Sender
|
30,9%
|
16,9%
|
26,9%
|
31,4%
|
Quelle: GfK PC#TV, BR-Medienforschung,
Mo.-So., 3.00 - 3.00 Uhr
(*) Marktanteil von 6.00 Uhr
bis 19.00 Uhr
In Bezug auf die Marktanteile von Kindern
und Eltern lassen sich bei einigen Sendern Zusammenhänge vermuten,
die aber eher auf einem Verständnis für familiäre
Fernsehnutzung beruhen, denn auf harten Fakten. Insbesondere beim
KI.KA liegt die Vermutung nahe, dass ein großer Teil der Marktanteilsgewinne
der Eltern (+3,5 Prozentpunkte im Vergleich zu den übrigen
Erwachsenen) durch gemeinsames Fernsehen mit den Kindern begründet
ist. Bei SuperRTL und RTL2 fallen diese Unterschiede in den Marktanteilen
mit 0,7 bis 1,9 Prozentpunkten deutlich geringer aus. Möglicherweise
ist das Kinderprogramm dort für Eltern nicht so attraktiv zum
Mitsehen. Der Marktanteil von RTL ist bei den Kindern relativ hoch
und liegt bei den Eltern deutlicher über dem der anderen Erwachsenen
(s. Tab. 1). Dieser Sachverhalt legt zwei alternative Interpretationen
nahe: Einmal könnten die erhöhten Marktanteile von Eltern
und Kindern unabhängig voneinander in der Prime-Time bzw. am
Wochenende bei KRTL entstanden sein. Anderseits könnten die
Marktanteile auch durch gemeinsames Fernsehen entstanden sein, vermutlich
in der Zeit zwischen 18.30 Uhr und 20.00 Uhr (vgl. Tagesverlaufskurven
Grafik 1).
Haben Eltern andere Programmvorlieben?
Neben der Fernsehnutzung im Tagesverlauf
und den Präferenzen zu einzelnen Sendern bieten auch die Programmvorlieben
von Eltern und anderen Erwachsenen einen spannenden Ansatzpunkt,
um ein unterschiedliches Fernsehverhalten herauszuarbeiten. Ausgangspunkt
sind hierbei die Hitlisten der einzelnen Zielgruppen, die zur anschaulicheren
Darstellung zu Programmbereichen zusammengefasst sind (vgl. Tab.
2).
Tabelle 2
Verteilung der 200 meistgesehenen
Sendungen im Jahr 2000 nach Programmbereichen
|
Zuschauer gesamt
|
Kinder (3-13 Jahre)
|
20-49Jährige
mit Kindern
|
20-49Jährige
ohne Kinder
|
Spielfilme / Serien:
|
23
|
11
|
54
|
38
|
davon:
|
Spielfilm-Highlights
|
5
|
11
|
37
|
30
|
|
Tatort
|
12
|
|
4
|
6
|
|
Alarm für Cobra
11
|
|
|
9
|
1
|
Soaps / Real-Doku.:
|
|
3
|
17
|
7
|
davon:
|
GZSZ
|
|
3
|
12
|
|
|
Big Brother
|
|
|
5
|
5
|
Sport:
|
77
|
2
|
45
|
75
|
davon:
|
Formel 1
|
22
|
1
|
22
|
33
|
|
Fußball
|
50
|
1
|
20
|
38
|
Shows:
|
57
|
19
|
76
|
71
|
davon:
|
Wetten, dass...?
|
6
|
6
|
6
|
6
|
|
Wer wird Millionär?
|
45
|
8
|
57
|
56
|
Nachrichten / Info.
/ Wetter:
|
43
|
|
8
|
9
|
davon:
|
Heute (19:00)
|
2
|
|
1
|
1
|
|
Tagesschau (20:00)
|
20
|
|
|
1
|
Kindersendungen:
|
|
165
|
|
|
davon:
|
Zeichentrickserien
|
|
145
|
|
|
|
Kinderfilme
|
|
5
|
|
|
Quelle: GfK PC#TV, BR-Medienforschung,
eigene Berechnungen
In bestimmten Programmbereichen zeigen sich
in den Präferenzen von Eltern und Erwachsenen ohne Kinder im
Haushalt teils erhebliche Unterschiede, während andere Bereiche
etwa gleich stark vertreten sind. Spielfilm-Highlights z.B. sind
bei Eltern etwas präsenter als bei Erwachsenen ohne Kinder
im Haushalt, während sie im Durchschnitt aller Zuschauer deutlich
seltener in der Hitliste auftauchen. Bei den Spielfilm-Highlights
der Kinder handelt es sich zumeist um Komödien, wie "Kevin
- allein zu Haus" oder "Werner - Das muss kesseln"
sowie um zwei Asterix-Filme.
Action-Serien
Auffällig in der Gruppe der Eltern ist
die mit 9 Folgen starke Präsenz der Action-Serie "Alarm
für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei" (RTL, Do., 20.15Uhr).
In der Gruppe der Erwachsenen ohne Kinder ist sie nur einmal unter
den ersten 200 Plätzen des Jahres zu finden. Ebenso deutlich
ist die starke Präsenz der Daily-Soap "Gute Zeiten, schlechte
Zeiten" (RTL, Mo.-Fr., 19.40 Uhr) bei Erwachsenen mit Kindern.
Während die Soap in der Hitliste der Erwachsenen ohne Kinder
nicht auftaucht, schafften es bei den Eltern 12 Folgen unter die
ersten 200 Plätze. Bei den Kindern waren es immerhin noch 3
Folgen. In ihrer Soap-Studie konnte Maya Götz (Götz 2000)
herausarbeiten, dass GZSZ in einigen Familien die situative Funktion
einer "Gute-Nacht-Geschichte" zukommt. Beide empirischen
Befunde legen die Vermutung nahe, dass GZSZ gemeinsam in Familien
gesehen wird und damit in die Liga der Familiensendungen aufzunehmen
ist.
Sport
Bei den großen Sportereignissen wie
"Fußball" und "Formel 1", die teilweise
als familienrelevant diskutiert werden, ist eine deutlich schwächere
Präsenz bei den Eltern zu beobachten. Während bei Erwachsenen
ohne Kinder 75 Titel unter den ersten 200 Plätzen sind, schafften
es bei den Eltern nur 45 Sportsendungen in die 200er Hitliste.
Unterhaltungs-Shows
Bei den großen Unterhaltungs-Shows
scheinen sich die Vorannahmen dagegen zu bestätigen. So tauchen
in jeder Altersgruppe die sechs Folgen "Wetten, dass...?"
(ZDF) des Jahres sowie das Show-Highlight "Domino Day"
(RTL) auf und legen die Vorstellung von gemeinsamem Fernsehen nahe.
Die Quiz-Show "Wer wird Millionär?" (RTL) belegt
bei Eltern und den Erwachsenen ohne Kinder über ein Viertel
der 200er Hitlisten. Da die Quiz-Show bei Kindern achtmal auftaucht
und sie in der aktuellen Internet-Befragung des IZI teilweise als
"geeignete Familiensendung" benannt wird (Götz, S.
45 ff.), liegt auch hier die Vermutung nahe, dass "Wer wird
Millionär?" (RTL) das Potenzial hat, gemeinsam in Familien
gesehen zu werden.
Nachrichten - Information - Wetter
Der Bereich "Nachrichten - Information
- Wetter" ist in der Altersgruppe zwischen 20 und 49 Jahren
insgesamt deutlich schwächer vertreten als in der gesamten
Zuschauerschaft. Dieser Programmbereich scheint eher bei den über
50-Jährigen bedeutender zu werden.
Kinderprogramm
Der größte Teil (165 von 200 Titeln)
der bei Kindern erfolgreichsten Sendungen kommt aus dem Kinderprogramm.
Es handelt sich hierbei lediglich um Angebote der privaten Sender
RTL2 (u.a.: 46-mal "Pokémon") und SuperRTL (u.a.:
34-mal "Doug", 28-mal "Chip und Chap", 24-mal
"Disneys Gummibärenbande"). Fast die Hälfte
dieser Sendungen lief nach 19.00 Uhr, einer Zeit, in der SuperRTL
als einziger Sender noch Kinderprogramm anbietet, da der KI.KA bereits
um 19.00 Uhr seine Sendefrequenz weitergeben muß (vgl. Hofmann
2000).
Personenkonstellationen der familiären
Fernsehnutzung
Auch wenn die bisherigen Befunde gewisse
Ideen in Bezug auf die Frage nahe legen, ob und in welchem Umfang
Eltern zusammen mit ihren Kindern fernsehen, wird diese Frage bisher
nicht beantwortet. Hier bieten sich die Ergebnisse der Studie "Wenn
die Kleinen fernsehen" von Kübler und Swoboda an. Anhand
von Wochenprotokollen in 374 Familien und Interviews in 467 Familien
mit Vorschulkindern kommen sie zu folgenden Schlüssen:
- Vormittags und nachmittags sehen rund
60% der Kinder ohne Eltern fern.
- Die gemeinsame Fernsehnutzung findet insbesondere
vor dem Hauptgerät statt.
- Am frühen Abend sieht gut die Hälfte
der fernsehenden Vorschulkinder gemeinsam mit den Eltern: 24%
mit Mutter, 10% mit Vater, 18% mit Mutter und Vater. (Kübler/Swoboda
1998, S. 144 ff.)
Anhand einer Sonderanalyse der Daten der
GfK-Fernsehforschung soll nun versucht werden, diese Einschätzung
familiärer Fernsehkonstellationen aus einer anderen methodischen
Perspektive anzugehen. Eine solche quantitative Untersuchung von
Personenkonstellationen kann dabei nur eine rein formale Ebene berücksichtigen.
Inhaltliche Fragen, beispielsweise nach den Zusammenhängen
mit dem Alltag der Familien, den kommunikativen Strukturen der gemeinsamen
Fernsehsituation oder ihrer sozialen Funktion, können mit diesem
Material nicht bearbeitet werden. In diesem Zusammenhang sei auf
die grundlegenden Studien zur familiären Fernsehnutzung verwiesen
(Charlton/Neumann 1986; Hurrelmann/Hammer/Stelberg 1996; Kübler/Swoboda
1998).
Anhand der Fernsehnutzung der Sender ARD,
ZDF, RTL, SAT.1, PRO7, RTL2, SuperRTL und des KI.KA werden die durchschnittlichen
Personenkonstellationen der Samstage im Jahr 2000 vorgestellt. Die
hierzu notwendige Konstellationsanalyse setzt eine sehr genaue Definition
der jeweiligen Einzelpersonen (hier Vater, Mutter, Kinder) voraus.
Dies gestaltet sich mit den Mitteln der GfK-Fernsehforschung jedoch
relativ umständlich und ist in einigen Grenzbereichen mitunter
nicht hundert Prozent trennscharf.2
Dennoch können über die Haushaltsgröße und
Anzahl der Kinder unter 13 Jahren grundlegende Konstellationen von
Familien als Zielgruppen definiert werden, die sich einer Personenkonstellationsanalyse
unterziehen lassen. Eine Unterscheidung der Eltern in Mutter und
Vater sowie eine Differenzierung bei mehreren Kindern ist dabei
jedoch nicht möglich. Die nachfolgenden Auswertungen beziehen
sich auf die "klassische" Familienkonstellation mit zwei
Elternteilen und mindestens einem Kind (s. Grafik 2).3
Grafik 2
Personenkonstellationen
in Familien mit Kindern im Tagesverlauf an Samstagen
Zusammenfassung der Programme ARD, ZDF, RTL, SAT.1, PRO7, RTL2,
SuperRTL und KI.KA
Quelle: GfK PC#TV Analyse,
BR-Medienforschung, eigene Berechnung, Jahresdurchschnitt 2000
Die Grafik 2 gibt eine Übersicht über
die Entwicklung der Personenkonstellationen im Tagesverlauf in Familien
mit 2 Erwachsenen und Kindern. Die abgetragene Maßeinheit
sind laufende Fernseher, was dem Alltagsverständnis von Rezeptionssituationen
entspricht. Die Werte sind durchschnittliche Konstellationen in
dem jeweiligen Stundenintervall und sagen nichts darüber aus,
wie lange die jeweilige Personenkonstellation vor dem Fernseher
bestehen blieb. Der untere hellgraue Abschnitt steht für die
Fernsehnutzung, die Erwachsene alleine (Mutter oder Vater) verbringen.
Darüber (dunkelgrau) befindet sich der Anteil, den beide Erwachsenen
gemeinsam ohne Kinder verbringen. Die blauen Bereiche stehen für
die Teile, die die Eltern zusammen mit ihren Kindern verbringen
(hellblau für 1 Elternteil, dunkelblau für 2 Elternteile),
und der weiße Bereich steht für den Anteil der Kinder,
die ohne ihre Eltern fernsehen4.
Setzt man diesen Bereich mit den blauen Bereichen in Relation, ergibt
sich das Verhältnis von alleinsehenden Kindern zu denen, die
mit Eltern fernsehen. Entsprechend gibt das Verhältnis der
grauen zu den blauen Bereichen an, wie viel Eltern ohne bzw. mit
ihren Kindern fernsehen.
Die Entwicklung der Personenkonstellationen
lässt sich an Samstagen grob in vier Bereiche einteilen: So
liegt zwischen 7.00 Uhr und 13.00 Uhr der Anteil der alleinsehenden
Kinder bei über 85%. Soweit die Sehzeit zusammen mit Erwachsenen
verbracht wird, geschieht dies vor allem mit nur einem Elternteil.
Da zu dieser Zeit auf über 6 Kanälen Kinderprogramm läuft,
liegt die Vermutung nahe, dass Kinder hier auch Kinderprogramme
nutzen. Ab 12.00 Uhr steigt der Anteil der Eltern, die zusammen
mit ihren Kindern fernsehen, an. Bis ca. 17.00 Uhr sieht rund jedes
vierte Kind zusammen mit seinen Eltern fern, wobei immer noch die
Konstellationen mit nur einem Elternteil überwiegen. Nach 18.00
Uhr steigt schließlich auch der Anteil der Fernsehsituationen
an, in denen Kinder mit beiden Elternteilen fernsehen. Gleichzeitig
geht der Anteil der Kinder, die allein fernsehen, bis 20.00 Uhr
auf rund 45% zurück und liegt zwischen 21.00 Uhr und 23.00
Uhr bei rund 40%. Zu dieser Zeit sind also 3 von 5 fernsehenden
Kindern mit mindestens einem Elternteil zusammen vor dem Bildschirm.
Die absolute Anzahl der fernsehenden Kinder geht dabei bereits ab
22.00 Uhr deutlich zurück.
Unter der Woche fällt die Fernsehnutzung
der Kinder am Vormittag erwartungsgemäß geringer aus.
Sie nimmt erst gegen 12.00 Uhr merklich zu. Bis 17.00 Uhr sehen
Kinder überwiegend allein fern, bzw. in rund 20% der Fälle
zusammen mit einem Elternteil. Ab 18.00 Uhr steigt der Anteil der
Rezeptionssituationen mit beiden Elternteilen merklich an, und bis
20.00 Uhr ist jedes dritte fernsehende Kind mit mindestens einem
Elternteil zusammen. Die Fernsehnutzung der Kinder geht ab 20.00
Uhr merklich zurück. Gleichzeitig sieht zu dieser Zeit jedes
zweite Kind mit seinen Eltern fern.
Zusammenfassung
Eltern nutzen das Fernsehen auf andere Weise
als gleichaltrige Zuschauer ohne Kinder im Haushalt. Sie sehen etwas
weniger und vor allem zu anderen Zeiten fern. Ihre Fernsehnutzung
konzentriert sich insgesamt auf weniger Sender und in ihrer Hitliste
stehen andere Programmbereiche im Mittelpunkt. Zumindest für
die "klassische" Familienkonstellation mit zwei Erwachsenen
und mindestens einem Kind lässt sich zeigen, dass gemeinsames
Fernsehen zum normalen Fernsehalltag gehört. Gemeinsames Fernsehen
mit Kindern findet hier vor allem am Vorabend und in der Prime-Time
statt. Über die Hälfte der fernsehenden Kinder aus diesen
Familien sieht zu dieser Zeit zusammen mit Eltern fern.
Familien gestalten Teile ihres Alltags gemeinsam
und Fernsehen gehört – als selbstverständlicher Teil des
Alltags der Menschen – mit dazu. Sicherlich ist das Fernsehen nicht
das "neuzeitliche Lagerfeuer" (vgl. Zeiler, S. 9), vor
dem sich die Familie versammelt, aber versammelte Familien nutzen
es. Unter dieser Perspektive wäre ein gutes – und vermutlich
auch erfolgreiches – Familienprogramm ein Angebot, das diese Gemeinsamkeit
von Familie vor dem Fernseher nicht stört.
ANMERKUNGEN |
1Ein
Anfiltern von Haushalten über die Anzahl der Kinder (3-13 Jahre)
ist über die Software der GfK-Fernsehforschung direkt möglich.
Die Abgrenzung anderer Altersgruppen, wie beispielsweise der Jugendlichen
(14-19 Jahre), ist auf Haushaltsebene dagegen nicht möglich.
2 Dies liegt u.a. daran,
dass die Kennzeichnung von Personen innerhalb des GfK-Panels nicht
absolut (Mutter, Vater, Kind), sondern relativ zum Haushaltsvorstand
(Selbst, Partner, Tochter/Sohn) vorgenommen wird, wobei sowohl Vater,
Mutter als auch z.B. eine Großmutter der Haushaltsvorstand
sein kann.
3 Aufgrund der Definitionsmöglichkeiten
der GfK-Software konnten hierbei keine Haushalte berücksichtigt
werden, in denen bereits Jugendliche (ab 14 Jahre) leben. Entsprechend
weist die hier gewählte Zielgruppendefinition eine Verzerrung
zu Gunsten junger Familien auf.
4 Da in der Auswertung
nicht zwischen einzelnen Kindern unterschieden werden konnte, wird
von einer durchschnittlichen Anwesenheit von 1,4 Kindern pro Rezeptionssituation
ausgegangen, was der durchschnittlichen Anzahl von Kindern in den
untersuchten Familien entspricht.
LITERATUR |
- Charlton, Michael; Neumann,
Klaus: Medienkonsum und Lebensbewältigung in der Familie.
Methode und Ergebnisse der strukturanalytischen Rezeptionsforschung
- mit fünf Falldarstellungen. München u.a.: Psychologie
Verl. Union 1986. VIII, 213 S.
- Feierabend; Sabine; Simon,
Erk: Was Kinder sehen. Eine Analyse der Fernsehnutzung 2000 von
Drei- bis 13-Jährigen. In: Media Perspektiven, -/2001/4,
S. 176-188.
- Götz, Maya: Die Bedeutung
von Daily Soaps im Alltag von 10- bis 15-Jährigen. In: TelevIZIon,
13/2000/2, S. 52-64.
- Hofmann, Ole: Kinderfernsehen
- Angebote zur richtigen Zeit?. In: tv-diskurs -/2000/11, S. 64-69.
- Hurrelmann, Bettina; Hammer,
Michael; Stelberg, Klaus: Familienmitglied Fernsehen. Fernsehgebrauch
und Probleme der Fernseherziehung in verschiedenen Familienformen.
Opladen: Leske u. Budrich 1996. 308 S.
- Krotz, Friedrich; Hasebrink,
Uwe u.a.: Neue und alte Medien im Alltag von Kindern und Jugendlichen.
Deutsche Teilergebnisse einer europäischen Studie. Hamburg:
Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität
Hamburg 1999. 142 S.
- Kübler, Hans-Dieter;
Swoboda, Wolfgang H.: Wenn die Kleinen fernsehen. Forschungsprojekt
über die Bedeutung des Fernshens in der Lebenswelt von Vorschulkindern.
Berlin: Vistas 1998. 379 S.
DER AUTOR |
Ole Hofmann, Dipl.-Oec., ist Doktorand
im Fachbereich 1 Erziehungswissenschaft und Humanwissenschaften
an der Universität Gesamthochschule Kassel und freier Mitarbeiter
im IZI.
INFORMATIONEN |
Internationales
Zentralinstitut
für das Jugend-
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IZI
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