105

Feldhase und "Osterhase" Warum "Osterhasen" in Deutschland gefährdet sind

Was wäre Ostern ohne den Osterhasen? Im Frühling hoppeln immer weniger Feldhasen über die Wiesen. Feldhasen finden weniger Nahrung und Schutz. Der Feldhase steht deshalb als "gefährdet" auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Stand: 03.04.2023

Ein Feldhase sitzt in der Wiese. Im Frühling sieht man manchmal Feldhasen über die Felder sprinten. Dort finden sie aber immer weniger Nahrung und Schutz vor Feinden, Kälte und Nässe. Deshalb ist der Feldhase gefährdet und steht auf der Roten Liste. Dabei gilt der Feldhase als Symbol für Ostern und Fruchtbarkeit. Als Osterhase soll er seit 300 Jahren die Ostereier bringen. | Bild: picture-alliance/dpa/blickwinkel/Stefan Meyers

Noch über zwei Millionen Feldhasen hoppeln über die Felder und Wiesen in Deutschland, schätzt die Deutsche Wildtier Stiftung. (Stand: März 2023) Das klingt viel, ist aber viel weniger als noch vor 40 oder 50 Jahren, betonen die Experten. "Mäßig häufig" nennt das das Rote-Liste-Zentrum und führt den Feldhasen in der Roten Liste der Säugetiere in der Kategorie "Gefährdet" auf. In Deutschland gehört der Feldhase damit zu den gefährdeten Arten. Dem Feldhasen ergeht es so wie rund 40 Prozent aller heimischen Säugetierarten: Immer mehr Tiere und Pflanzen sind vom Artensterben betroffen. Vor allem seit den 1980er-Jahren hat der Feldhasen-Bestand laut Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) in Deutschland stark abgenommen.

Bestand stabil, aber insgesamt immer weniger Feldhasen

Laut dem Deutschen Jagdverband gibt es seit 2017 einen kontinuierlichen Anstieg an Feldhasen. 2021 lebten durchschnittlich 16 Feldhasen pro Quadratkilometer Fläche in Deutschland. (Stand: März 2023) Langfristig wird von Umweltschützern jedoch noch ein stärkerer Rückgang der Langohren erwartet. Dem Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) zufolge bewegen sich die Bestandszahlen der Feldhasen zwar seit einigen Jahren auf einem stabilen Niveau, seien aber insgesamt zu niedrig.

"Die Bestandszahlen sind insgesamt viel zu niedrig. Und die erwähnte Stabilisierung zeigt nur den kurzfristigen Trend. Langfristig geht der Trend eindeutig nach unten. Vor 40 Jahren waren es zehn Mal so viele."

Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU), Quelle: www.nabu.de (Stand: März 2023)

Dem Feldhasen fehlt Lebensraum und damit Schutz und Nahrung

Die Lebensbedingungen des Feldhasen haben sich in den vergangenen rund 150 Jahren immer weiter verschlechtert - auch sie sind vom Artensterben betroffen. Früher fand der Feldhase in extensiv bewirtschafteten Feldern ausreichend Deckung und abwechslungsreiche Nahrung wie Wildkräuter. In der monotonen intensiven Landwirtschaft sind die meisten Feldränder verschwunden. Im Westen Deutschlands gibt es derzeit etwas mehr Feldhasen als im Osten. "Das hat viel mit der Art der Landwirtschaft zu tun. Sie ist im Westen kleinteiliger. Auf den riesigen Ackerschlägen des Ostens findet der Hase kaum Verstecke vor seinen vielen Feinden", erklärt Andreas Kinser, Leiter der Abteilung Natur und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung. Der Feldhase ist Füchsen, Mardern, Wildschweinen, Raben- und Greifvögeln sowie Kälte und Nässe oft schutzlos ausgeliefert. Gerade junge Hasen fallen außerdem streunenden Katzen und nicht angeleinten Hunden zum Opfer. Straßen und Siedlungen machen ihm seinen Lebensraum nicht nur strittig, sondern können dem Feldhasen auch gefährlich werden: Viele Hasen werden überfahren.

Jäger zählen die Feldhasen bei Nacht

Die nachtaktiven scheuen Hasen werden nachts gezählt - mit Auto und Scheinwerferlicht auf vorgegebenen Wegen.

Für das Wildtier-Informationssystem zählen Jäger die Hasen im Frühjahr und im Herbst in rund 500 Referenzgebieten in Deutschland. Daraus lässt sich ableiten, ob die Fortpflanzung im jeweiligen Jahr erfolgreich war: Im Herbst ist die Zahl der Hasen gut 15 Prozent höher als im Frühjahr, wenn es ein gutes Hasenjahr war. Im Winter schrumpft der Bestand wieder. Die Zählung erfolgt bei Dunkelheit: Entlang festgelegter Strecken suchen die Jäger mit speziellen Scheinwerfern aus dem fahrenden Auto die Felder ab und registrieren die charakteristischen Augenreflexionen der Tiere.

Damenwahl bei den Feldhasen: Der schnellste Hase gewinnt

Die schnellsten und ausdauerndsten Feldhasen-Männchen erobern das Herz der Feldhasen-Weibchen.

Der Feldhase muss nicht nur generell ums Überleben kämpfen, sondern auch noch gegen seine eigenen Artgenossen. Bei den Feldhasen herrscht Damenwahl und die körperlich überlegene Häsin sucht sich ihren Partner beherzt selbst. Die Häsinnen bevorzugen natürlich den Rammler mit dem vermeintlich besten Erbgut. Der wird auf "Hochzeitsgesellschaften" in spektakulären Wettläufen und Boxkämpfen ermittelt: Feldhasen können bis zu 70 Kilometer pro Stunde schnell sprinten, außerdem bis zu zwei Meter hoch und drei Meter weit springen. Nur die schnellsten und ausdauerndsten Männchen erhalten die Chance auf eine nur wenige Sekunden dauernde Begattung. Monogam sind Hasen nicht.

Feldhase im Porträt: Das solltet ihr über Hasen wissen

Feldhasen als Osterhasen: Symbol für Ostern

Zunächst wurden Ostereier auch vom Fuchs und Kranich gebracht. Die hohe Fruchtbarkeit der Feldhasen ist der Grund, warum sie sich als Symbol für Ostern und Überbringer der Ostereier und Schokoladeneier schließlich durchgesetzt haben.

Vom Feldhasen zum Osterhasen, der Eier versteckt

Feldhase ist "Osterhase"

Mit seiner schnellen Fortpflanzungsrate hat es der Feldhase zum Osterhasen geschafft. Als Symbol für Fruchtbarkeit, Leben und Wiedergeburt passen Hasen und Eier nicht nur gut zusammen, sondern auch zum Frühjahr.

Wie Ostereier zum Brauch wurden

Schon vor vielen Jahrhunderten war es zu Ostern Brauch, in der Kirche Nahrungsmittel - und eben auch Eier - weihen zu lassen. Irgendwann wurden diese Eier versteckt und von Kindern gesucht.

Andere tierische Eier-Verstecker

Als österliche Eier-Verstecker mussten erst der Fuchs, der Esel, der Kuckuck und der Storch herhalten.

Osterhase seit 300 Jahren

Als Job des Feldhasen wurde der Brauch erstmals vor über 300 Jahren in der Pfalz, dem Elsass und am Oberrhein verbürgt: Die Belege stammen aus dem Jahr 1678 von Georg Franck von Franckenau, einem Medizinprofessor aus Heidelberg, der ausgerechnet davor warnte, zu viele dieser Eier zu essen.

Der Glaube an den Osterhasen

Soll man Kindern tatsächlich erzählen, dass der Osterhase ihre Oster-Nester versteckt? Auf jeden Fall, meinen Psychologen. Der Glaube an Fantasiegestalten sei gut für ihre kognitive Entwicklung. Wenn Kinder an den Osterhasen glauben, rege das ihre Fantasie an. Und wenn sich alle Kindergartenkinder und Freunde darauf freuen, solle man zuhause die Freude darauf nicht dämpfen. Vorbei ist es mit dem Osterhasen dann, wenn Kinder anfangen zu zweifeln. Dann sollte man sie in ihren kritischen Fragen unterstützen.

Feldhasen: Fortpflanzung und Aufzucht im Schnelldurchlauf

Eine Häsin hat bis zu vier Würfe im Jahr. Mit jedem Wurf werden jeweils bis zu fünf Junghasen geboren. Von Januar bis September ist die Häsin etwa alle 38 Tage empfängnisbereit. Die Tragezeit variiert aufgrund eines Fortpflanzungstricks, der sogenannten Superfötation, zwischen 38 und 42 Tagen. Sie wirft bis zu sechs Jungen, allerdings nicht in einem Bau. Feldhasen leben ausschließlich oberirdisch und ducken sich tagsüber mit ihrem graubraunen Fell in Mulden.

Der Fortpflanzungstrick der Feldhasen: Superfötation

Die Häsinnen haben im Laufe der Evolution eine Besonderheit entwickelt, um den Bestand zu erhöhen: Sie können während der Tragezeit nach dem 38. Tag erneut befruchtet werden. Durch diese sogenannte Superfötation können Embryonen unterschiedlicher Entwicklungsstadien in der Häsin heranreifen: In der Gebärmutter werden die geburtsreifen Föten ausgetragen, während im Eileiter schon die neuen befruchteten Eizellen heranreifen können. Das erhöht die Wurfzahl deutlich.

Die Feldhasen-Mama bleibt immer nur kurz bei den Jungen

Die neugeborenen, 100 bis 150 Gramm schweren Hasen sind Nestflüchter: Sie haben schon ein Fell, können sofort sehen und sich bewegen. Drei bis fünf Wochen lang werden sie täglich nach Sonnenuntergang und manchmal nochmal morgens gesäugt, allerdings im Schnelldurchlauf: Nur zwei bis drei Minuten bleibt die Hasenmama bei ihren Kleinen. Ihr Geruch könnte Fressfeinde anlocken. Dann drücken sich die Jungen auf den Boden, verharren regungslos und fallen so weniger auf, als wenn die Häsin anwesend wäre. Das Trinken muss im Schnelldurchlauf geschehen: Bis zu einem Zehntel ihres eigenen Gewichts nehmen die Jungtiere an Muttermilch auf, die viermal fetter ist als Kuhmilch. Die Häsin bleibt auch während der Säugezeit allein, Feldhasen sind Einzelgänger durch und durch.

Junge Hasen nicht anfassen und vor Hunden und Katzen schützen

Die ersten Junghasen werden Anfang März bis Mitte Mai geboren. Wer Hasennachwuchs entdeckt, darf die Jungtiere auf keinen Fall mitnehmen. Auch Streicheln ist tabu: Das verschreckt die Mutter - unter Umständen für immer. Hunde sollten in dieser Zeit dringend an die Leine genommen werden. Ihr Geruch würde die Häsin ebenfalls vertreiben. Katzen sind versierte Jäger, sie können Junghasen problemlos fangen. Der Deutsche Jagdverband empfiehlt daher, Katzen, die in der Nähe von Feldern herumstreifen könnten, in diesen Wochen nachts im Haus zu behalten.

Hasen-Nachwuchs: Junge Feldhasen in Gefahr

Die meisten Feldhasen-Babys überleben das erste Jahr nicht.

Nach etwa vier Wochen ist der Hasen-Nachwuchs selbstständig. Weil junge Feldhasen nicht wie Kaninchen in einem Bau leben, sondern im Freien auf dem Feld, sind sie Nässe und Kälte ungeschützt ausgeliefert: Wenn es lange regnet und kalt ist, durchnässt das Fell der jungen Hasen, sie können krank werden und erfrieren. Rund 60 Prozent des Hasennachwuchses überleben das erste Jahr nicht. Ein mildes, trockenes Wetter im Frühjahr ist daher eine gute Voraussetzung für den Hasennachwuchs. Doch im Frühling lauert noch eine ganz andere Gefahr: Kleine und große Feldhasen werden oft von landwirtschaftlichen Maschinen erfasst. Wie es dem Feldhasen geht und wie hoch der Bestand ist, sagt auch viel über andere Bewohner von Feldern und Wiesen aus. Gibt es wenig Feldhasen, sind häufig auch Rebhuhn, Feldhamster und Kiebitz vom Aussterben bedroht.

Meister Lampe: Feldhase oder Kaninchen?

Hier hoppelt ein Kaninchen übers Feld.

Feldhasen besitzen längere Ohren und Hinterbeine als Kaninchen. Die Langohren leben allein auf weiter, offener Flur, die Kleinohrhasen dagegen gerne gesellig im Bau. Während der Feldhasen-Nachwuchs mit Fell und offenen Augen zur Welt kommt, sind die Kaninchen-Jungen noch nackt und blind.

Feldhasen säbeln und mahlen Kräuter, Klee und Knollen

Feldhasen sind Pflanzenfresser und können rund zwölf Jahre alt werden.

Bis zu zwölf Jahre kann ein Feldhase alt werden. Als Pflanzenfresser stehen Gräser, Klee, Kräuter, Kohl, junges Getreide, Raps, Knollen, Knospen von Bäumen und Sträuchern im Wald, im Winter auch die Rinde von Obstbäumen oder die Triebe junger Laubbäume auf dem Speisezettel. Die scharfen Nagezähne helfen beim Absäbeln, kleingeraspelt und feingemahlen wird dann mit den Backenzähnen. Auf Nahrungssuche begeben sich Feldhasen allerdings erst bei Einbruch der Dämmerung.

Feldhasen brauchen Blühstreifen und wilde Natur

In einer natürlich belassenen Wiese findet der Feldhase nicht nur Nahrung, sondern auch ein Versteck.

Natur- und Tierschützer fordern seit Jahren mehr Schutz für Feldhasen. Was den Hasen hilft, sind zum Beispiel krautreiche Feldränder, Blühstreifen an Äckern, Wiesen, die seltener gemäht werden - und generell wieder mehr Flächen mit Wildkräutern. Dann kann der Feldhase wieder gehaltvoll und in Ruhe mümmeln.

Sendungen über den Feldhasen:


105