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TELEVIZION 24/2011/2

Kinder und Katastrophenberichterstattung


EDITORIAL

Natur- und Technikkatastrophen passieren und werden in einer globalisierten und von Medien durchdrungenen Welt Teil der medialen Berichterstattung. Sie verunsichern und zeigen, dass Dinge, die wir unhinterfragt als gegeben hinnehmen – wie Sicherheit für Leben und Gut –, gefährdet sein können. Was bedeutet dies für Kinder?
Berichterstattung, zumal die für Erwachsene, setzt auf starke Bilder, um Aufmerksamkeit zu gewinnen, z. T. wird auch deutlich emotionalisiert und dramatisiert (Schatz). Kinder sehen die Berichterstattung und machen sich ein Bild von den Ereignissen. Aus der Forschung ist bekannt, dass Nachrichten Kinder ängstigen können (vom Orde) und politische Diskurse ihr Weltbild prägen (Lemish). Entsprechend hoch ist die Verantwortung, speziell für Kinder eine angemessene Berichterstattung anzubieten. Doch was heißt das konkret?
Nach den Ereignissen in Japan im März 2011 (Nold) entschlossen sich das IZI und Partner in 13 Ländern, spontan der Frage nachzugehen, ob Kinder die Ereignisse mitbekommen haben, wie sie sie verstehen und welche Wünsche sie an ein qualitätsvolles Kinderfernsehen haben (Nastasia/Nastasia, Lima, Rivero/ Cruz/Sanabria, Boivin/Poirier/Caron, Uppal, Levi/Götz). Die Studien zeigen: Kinder weltweit haben die Ereignisse mitbekommen, entwickeln ein mediengeprägtes inneres Bild von den Geschehnissen, machen sich Gedanken und haben Sorgen und Ängste. Dabei interpretieren sie die Zusammenhänge vor dem Hintergrund ihrer regional geprägten Erfahrungswelten, den Wertvorstellungen von Kultur und Familie (Nastasia/Nastasia) und des nationalen (Medien-)Diskurses. So war das Thema »AKW-Unfall« für Kinder in Deutschland beispielsweise bei Weitem präsenter als in anderen Ländern (Götz/Holler).
Kinder können sich auch durchaus vorstellen, wie Kinderfernsehen ihnen die Ereignisse berichten und erklären könnte. Doch nur in einigen Ländern stehen Kindernachrichtensendungen zur Verfügung, dann aber durchaus mit interessanten Ansätzen (Schneid). Je besser die Kinder informiert sind und die Ereignisse verstehen, so der internationale Vergleich, desto angemessener ist ihre Einschätzung der eigenen Gefährdung. Nicht zuletzt hier wird deutlich, wie wichtig eine qualitätsvolle und altersangemessene Berichterstattung ist. Wie Kindermedien in Fernsehen (Mörchen, Pies/Körnich), Zeitung (Stennei), Radio (Kister), Internet (Jahn) und Nachrichtenagentur (Goldstein) dies konkret umsetzen und welche Qualitätskriterien in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) erarbeitet wurden (Schlote), fasst diese Ausgabe der TelevIZIon zusammen.

Dr. Maya Götz


FORSCHUNG

Fabian Nold
»Es kommt ein Erdbeben«
Der Autor, Augenzeuge vom 11. März 2011, beschreibt den Tag und erklärt einige kulturelle Konzepte, die hinter dem besonnenen Verhalten der JapanerInnen stehen.

Eva Schatz
»Killerwelle« und »Horror-AKW«
Der Artikel stellt die Ergebnisse einer IZI-Studie zusammen, bei der untersucht wurde, ob und wie in den deutschen Print- und TV-Medien für Kinder und Erwachsene über die Ereignisse in Japan berichtet wurde.

Maya Götz/Andrea Holler
»Ich frag’ mich, wie passiert so was?«
Für eine IZI-Studie wurden 313 deutsche Kinder zu ihrer Wahrnehmung der Ereig­nisse in Japan im März 2011 befragt. Die Ergebnisse wurden u. a. mit Erhebungen in den USA und Brasilien verglichen.

Andrea Wirtz
»Dass der das Video anhält und ausführlich erklärt«
Eine Teilstudie der IZI-Studie »Wie nehmen Kinder die Ereignisse in Japan wahr?« befasste sich mit der Frage, wie Kinder mit Sehschädigung die Ge­schehnisse wahrnehmen und ob sich ihr Wissen von dem von Kindern ohne Sehschädigung unterscheidet.

Maya Götz
Kinder wollen Kindernachrichten
725 repräsentativ ausgewählte Kinder in Deutschland wurden 6 bis 10 Wochen nach den Unglücken in Japan zu den Ereignissen sowie zur Kindernachrichten-sendung logo! befragt.

Kirsten Schneid
Top-Informationsquelle oder katastrophenfreier Raum?
Der Artikel stellt die Ergebnisse einer Umfrage unter 32 Sendern aus 32 Län¬dern vor, ob und, wenn ja, wie Sender weltweit die Ereignisse in Japan im März 2011 für Kinder aufbereitet haben.

Dafna Lemish
Wenn Kinder Krieg und Katastrophen in den Medien sehen
Aus einer Forschungsperspektive wird die Rolle der Medien bei der Krisenberichterstattung für Kinder beleuchtet. Es werden sowohl Aspekte der Rezeption und Pro­duktion von Medientexten durch Kinder als auch die Sicht- und Vorgehensweisen von ProduzentInnen von Kindernachrichten zusammengetragen.

Michaela Levi/Maya Götz
»War es ein Monster, das durch das Wasser zog?«
222 Kinder aus 8 Ländern verfassten Bildbriefe an Fernsehverantwortliche, wie sie sich die Ereignisse in Japan vorstellen und was sie darüber gerne im Fernsehen gesehen hätten.

Sabrina Unterstell
»Solche schrecklichen Bilder würde ich lieber weglassen«
Ergebnisse einer IZI-Studie in 10 Ländern zeigen, welche Art von Berichterstattung über Katastrophen wie in Japan sich Kin­der wünschen und welche Bilder sie nicht sehen möchten.

Elke Schlote
Qualitätskriterien in der Krisenberichterstattung
Worauf sollten Kindermedienschaffende achten, wenn sie über Natur- und Technikkatastrophen wie das Erdbeben, den Tsuna­mi und den Atomunfall in Japan berichten? Was ist, allgemein bei Krisen, Qualität in der Berichterstattung für Kinder?

 

FORSCHUNGSDOKUMENTATION

Heike vom Orde
Kinder, Jugendliche und Fernsehnachrichten
Der Artikel bietet anhand ausgesuchter Forschungsfragen einen Überblick über die Fernsehnachrichtenrezeption von Kindern und Jugendlichen.

Forschungsliteratur Kinder, Jugendliche und Fernsehnachrichten

 

INTERVIEW

Ein Gespräch mit Markus Mörchen logo!

Ein Gespräch mit Maike Pies und Matthias Körnich neuneinhalb

Ein Gespräch mit S. Goldstein, V. Stennei, A. Kister und K. Jahn
Durch Information Ängsten begegnen

Ein Gespräch mit Liliana Ahtiainen
»Wir können zumindest Hoffnung senden«

 

INTERNATIONALE STUDIE

Diana Nastasia/Sorin Nastasia
USA: Was wissen US-amerikanische Kinder?

Ana Lima
Brasilien: »Die Japaner sind stark und mutig«

P. Ramos Rivero/Y. Cruz/E. Sanabria
Ecuador: »In Japan tötete eine riesige Welle Bäume und Tiere«

P. Ramos Rivero/Y. Cruz/E. Sanabria
Kuba: »Wir bräuchten lang, um wieder auf die Beine zu kommen«

M. Boivin/P. Poirier/A. H. Caron
Kanada: »Haiti ging mir näher«

Charu Uppal
Schweden: »Ich möchte dort später nicht leben«


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