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TELEVIZION 21/2008/1

Medien und Migration


EDITORIAL

Täglich sehen etwa 80 % der Deutschen und der hier lebenden MigrantInnen fern. In 98 % der Haushalte mit Migrationshintergrund steht mindestens ein Fernsehgerät. Aber wie gefallen deutschsprachige Programme Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund? Welchen Beitrag zur Integration (verstanden als gesellschaftliche Einbindung von MigrantInnen) kann Fernsehen überhaupt leisten? Gibt es darüber hinaus einen Bedarf an Themen und Figuren speziell für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund?

Eine Sorge ist unbegründet: Es gibt keine »mediale Parallelgesellschaft« in Deutschland. Die Studie der ARD/ZDF-Medienkommission von 2007 zeigt, dass herkunftssprachige Medien zwar oft eine wichtige Bedeutung für MigrantInnen haben. Im Verhältnis überwiegt aber immer die Nutzung deutscher Programme, dies umso mehr bei Kindern und Jugendlichen. Die Motive für die Fernsehnutzung unterscheiden sich nicht von denen der FernsehzuschauerInnen ohne Migrationshintergrund. Hingegen bedarf es eines kritischen Blicks auf die deutsche Medienberichterstattung, denn das mediale Bild von Zuwanderern beschränkt sich oft genug auf die Verbreitung von Stereotypen und negativen Bildern, wie z. B.»die rückständige muslimische Frau« oder »der kriminelle Ausländer«.

Fernsehen kann zwar die schlechteren Chancen nicht verbessern, die MigrantInnen in der Schule oder auf dem Arbeitsmarkt haben, verändert werden kann aber das Maß der »medialen Integration«, das heißt, die Aufnahme von Zuwanderern in die Medien, vor und hinter der Kamera. Heranwachsende mit und ohne Migrationshintergrund müssen als RezipientInnen ernst genommen werden. Sie sollten bei der Beurteilung der Qualität von Programmen zu Wort kommen und können Aufschluss über ihre vielfältigen Zugehörigkeiten geben. Eine erste Zwischenbilanz: Fernsehen ist ein attraktives Medium, das Zugewanderte erreicht – und nicht wenige erfolgreiche TV-Schaffende meinen, dass gerade im Zusammentreffen der Kulturen die spannenden Fernsehgeschichten der Zukunft liegen.

Elke Schlote


FORSCHUNG

Hans-Joachim Roth/Henrike Terhart

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund
Zwischen Fragen nach der eigenen Zugehörigkeit und der Normalität des Aufwachsens mit kultureller und sprachlicher Diversität: Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund müssen sich nebenalterstypischen Entwicklungsaufgaben auch mit Vorstellungen von Zugehörigkeit auseinandersetzen.

Rainer Geißler
Was ist »mediale Integration«?
Vom »unerwünschten Ausländer« zur »notwendigen Migration und Integration« – Massenmedien leisten einen Beitrag für die Verbreitung von Bildern von MigrantInnen ebenso wie für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Medienproduktion.

Henrike Terhart/Hans-Joachim Roth
»Wenn ich das auf Arabisch gucke, kann ich das mit keinem besprechen«
Nach ihrer Lieblingsfigur befragt, nennen Kinder mit Migrationshintergrund ebenso wie ihre deutschstämmigen Altersgenossen eine Vielzahl von Fernsehfiguren aus dem deutschen Kinderprogramm.

Nelly Elias/Dafna Lemish
Medien, Migrationserfahrung und Adoleszenz
Medien werden von russischstämmigen Heranwachsenden und ihren Familien auch für Aufgaben der Integration in Deutschland bzw. Israel genutzt und bieten geschützte Räume, um familiären Zusammenhalt zu stärken und sich im neuen Land kulturell und sprachlich zu orientieren.

Maya Götz
Schwarz, weiß oder türkisch?
Kinder und Jugendliche bestimmter Ethnizitäten suchen nach ihnen ähnlichen Figuren, z. B. wenn diese Ethnizität gesellschaftlich problematisiert wird. Die Figuren müssen sich positiv mit dem Thema auseinandersetzen.

Sebastian Hannawald/Elke Schlote
»… ist halt beides irgendwie meine Heimat«
Wie Jugendliche mit Migrationshintergrund im Alltag mit ihren verschiedenen Zugehörigkeiten umgehen und welche Rolle dieser z.B. für ihren Medienkonsum spielt, wird mit Fallbeispielen von 14- bis 16-Jährigen aus Berlin und München untersucht.

Sabine Schiffer
Schluss mit der Fokussierung!
Wenn Medien über muslimische MitbürgerInnen berichten, scheint es nur zwei Alternativen zu geben: Krisenthematisierung oder Multikulti-Nische. An Beispielen wird gezeigt, dass es auch anders geht.

Alexandra Durner/Anne Lassner
Interkulturelle Medienbildung fördern!
Qualitätsprogramme aus dem internationalen Kinderfernsehen werden in diesem pädagogischen Angebot eingesetzt, um über andere Kulturen und MigrantInnen altersgemäß zu lernen und mediale Darstellungen zu reflektieren.

 

PROGRAMMFORSCHUNG

Elke Schlote/Anne Spieswinkel
Typisch deutsch, typisch türkisch – ist das komisch?
In einer IZI-Studie bewerteten und diskutierten 13- bis 15-jährige SchülerInnen aus Berlin und München den Humor in den Serien Türkisch für Anfänger (ARD) und Alle lieben Jimmy (RTL).

Florian Krauß
»Frauenbilder, gegen die wir kämpfen«
Wie beurteilen Mädchen und junge Frauen mit türkischem Migrationshintergrund familienzentrierte Bollywood-Romanzen, in denen z. B. Zwangsheirat thematisiert wird? Wie sind Bollywoods Frauenbilder zu interpretieren?

Antje Streit
Fremd in der Serienfamilie?
Wie viele Figuren mit Migrationshintergrund gibt es in aktuellen Familienserien? Diese Analyse zeigt Fremdheitskategorien und Rollen von »Fernsehausländern« auf.


PROGRAMM

Sabine Schiffer
Schluss mit der Fokussierung!

Alexandra Durner/Anne Lassner
Interkulturelle Medienbildung fördern!

 

EXPERTiNNEN DISKUTIEREN

Unter Druck

Desperados

Rennschwein Rudi Rüssel

 

INFO-BLOCK

MigrantInnen in Deutschland und der EU

Mediennutzung von MigrantInnen in Deutschland


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