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TELEVIZION 19/2006/2

Politik im Kinder- und Jugendfernsehen


EDITORIAL

Sind Kinder und Jugendliche politisch desinteressiert?
Ja – denn auch in der Shell Studie 2006 geben 64 % der 12- bis 25-Jährigen an, sich wenig oder gar nicht für Politik zu interessieren.
Nein – wenn der Begriff Politik weiter gefasst wird und z. B. soziales Engagement als Form des politischen
Handelns einbezogen wird. Dann sind bereits drei Viertel aller Jugendlichen politisch engagiert (Quenzel). Dennoch: Politik und politische Themen für Kinder und Jugendliche werden – wenn auch nur selten öffentlich – als »Quotenkiller« abgetan.

Es ist auch kein einfaches Themenfeld. Die Zusammenhänge sind meist ausgesprochen komplex, das Handeln und die Entscheidungen der politischen Institutionen nicht immer leicht nachvollziehbar. Die Barrieren insbesondere bei Jugendlichen sind oft hoch und das Misstrauen gegen-
über Politikern sitzt tief.

Doch zu schnell unterschätzen wir Kinder und Jugendliche hier in ihrem inneren Antrieb, Dinge zu verstehen, einzuordnen und Änderungen anzustoßen. Und sie haben durchaus konkrete Vorstellungen, wie Politik im Fernsehen sein soll (Mikos/Töpper, Großegger): Möglichst wenig explizit, in verschiedenste Genres und Formate eingewoben, verständlich und nachvollziehbar. Das Wichtigste: auf keinen Fall trocken, sondern »lässig,
spaßmäßig« – inhaltlich korrekt und doch gern flapsig im Umgang mit Autoritäten.

Programmanalysen verdeutlichen: Politik spielt im kinder- und jugendrelevanten Fernsehen auf diversen Ebenen mit (Matthews), etwa bei Superstar in der arabischen Welt (Kraidy). Politisch sensibles Handeln heißt in der Programmgestaltung, auch die medientypische Dynamik z. B. von Konfliktberichterstattung zu erkennen und zu vermeiden (Lemish). Und das, ohne die Zielgruppe und ihr Vorwissen aus dem Blick zu verlieren
(Aufenanger et al.). Das sind Ansprüche, die alles andere als leicht zu erfüllen sind.

Welche Ansätze und Überlegungen engagierte Redaktionen entwickeln, berichten sie in diesem Themenheft zu Politik im Kinder- und Jugendfernsehen.

Maya Götz


FORSCHUNG


Gudrun Quenzel

Politik - nein danke?
Seit über 50 Jahren erscheinen die Shell Jugendstudien in Deutschland: quantitativ abgesicherte Explorationen über das, was Jugendliche leben, meinen, sich wünschen. Einige Ergebnisse aus der aktuellen Jugendstudie 2006 sind in diesem Artikel speziell zum Thema Jugend und Politik zusammengefasst.

Lothar Mikos/Claudia Töpper
"Man müsse das Gefühl haben, dass ich was verändern kann"
Jugendliche, vor allem aus bildungsfernen Milieus, haben wenig politisches Basiswissen und stehen politischen Institutionen eher ablehnend gegenüber. Sind sie daher prinzipiell uninteressiert an Politik? Nicht unbedingt, wie Studien zeigen. Politische Orientierungen sollten an Alltagsthemen entwickelt und Inhalte der politischen Bildung in populären
Medienformaten aufbereitet werden.

Beate Großegger
"Please, Herr Bürgermeister, pimp our St. Johann"
Warum interessieren sich Jugendliche eher nicht für Politiksendungen? In einem österreichischen Medienprojekt wurde untersucht, wie Jugendliche selbst ein politisches Thema angehen – und welche Schlüsse sich daraus für eine gelungene Politiksendung für diese Zielgruppe ergeben.

Marwan M. Kraidy
Die Politisierung des Unterhaltungsfernsehens in der arabischen Welt
Die Reality-TV-Show Superstar, eine arabische Version von Deutschland sucht den Superstar, ist auch im Libanon und in Syrien extrem erfolgreich. Das Unterhaltungsformat wird in den Jahren 2003 bis 2006 unversehens zur Bühne für die politischen Umwälzungen in den beiden Ländern und dient als eine Art Gradmesser für ihre politischen Beziehungen.

Peter Lemish
Frieden fördern!
Ob in fiktionalen Darstellungen oder in den Nachrichten: Oft werden nur starke Bilder gefunden, wenn in einem Konflikt Gewalt eingesetzt wird. Dabei wäre es viel wichtiger, wenn im Fernsehen Formen der gewaltfreien Konfliktaustragung zu sehen wären, die in einen Prozess der Konfliktlösung eingebettet sind.

Julian Matthews
Nachrichten in Grün?
Wie kommen ökologische Themen in die Kindernachrichten? Eine Analyse der britischen Kindernachrichtensendung Newsround zeigt, wie das Thema auf die Agenda kam und wie sich die Berichterstattung im Lauf der Zeit gewandelt hat.

Stefan Aufenanger/Kathrin Mertes/Fabian Nold
Verstehen Kinder Kindernachrichten?
Wie verstehen 6- bis 12-Jährige Kinderfernsehnachrichten? In einer Studie sollten Kinder Beiträge zu komplexen politischen Themen wie Koalitionsverhandlung und Bundeshaushalt nacherzählen. Dabei spielen Analogien, die zur Erklärung eingesetzt werden, eine besondere Rolle.

 

PROGRAMM

Ein Gespräch mit Wolfgang Mezger
Liebenswert anarchisch und quer

Die blaateen-Redation im Gespräch
"Haltung zeigen und politisch sein durch die Blume ist das Geheimnis"

Alexandra Durner
An Schulen spricht man deutsch!
Jugendliche machen Programm: Am Beispiel einer 12. Klasse, die der Frage »Deutschpflicht auf dem Pausenhof?« nachgeht, wird gezeigt, wie die Teilnehmer*innen am Projekt »Journalismus mit Jugendlichen für Jugendliche« einen Fernsehbeitrag erstellen.

Ute Mattigkeit
Der Nahostkonflikt im Kinderfernsehen
Seit über zwei Jahren erklärt das ARDKindernachrichtenmagazin neuneinhalb jungen Zuschauer*innen die Welt der großen Politik – mit verständlichen, lustigen Geschichten, virtuellen Tricks und überraschenden Effekten. Dabei werden auch schwierige Themen nicht ausgespart.

Ein Gespräch mit Ian Prince
Politischer Humor hat es in sich

Sandra Dujmovic
Fernsehen für Kinder - und noch viel mehr
Kann Fernsehen mehr sein als passiv erlebte Bilderwelt? Wie können aus den virtuellen Abenteuern einer Kindersendung reale werden? »Mehr als Fernsehen« heißt das redaktionelle Konzept des Tigerenten Clubs.

Ein Gespräch mit Markus Mörchen
Nachrichten für Kinder - logo!

 

EXPERTiNNEN DISKUTIEREN

Krieg im Irak! - der blaateen-Beitrag

Little peace of mine

PuR: Anne Frank - Ein Leben im Versteck

 


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