IZI-Forschung
 
Sonstige Forschungsprojekte

>> Übersicht Forschung

Extremismus im Netz erkennen: so geht MEDIEN – eine Unterrichtseinheit im Test

In den sozialen Medien haben die Aktivitäten extremistischer Gruppen zugenommen. Rekrutierungsversuche zielen insbesondere auf Jugendliche ab. Problematisch dabei ist, dass Schüler*innen Posts und Videos mit extremistischen Inhalten in den meisten Fällen nicht erkennen bzw. auch die Absender nicht als extremistische Akteur* innen einstufen. Jugendliche brauchen hier ganz konkrete Medienkompetenz, die es ihnen ermöglicht, das Propagandamaterial von extremistischen Organisationen zu entlarven. Dementsprechend wurde zu diesem Thema eine Einheit für so geht MEDIEN, dem Onlineangebot von ARD, ZDF und Deutschlandradio (unter Federführung des BR) zur Förderung von Medienkompetenz entwickelt. Das Lernziel der Einheit: Die Schüler*innen sollen die aktuellen Strategien extremistischer Akteur*innen in sozialen Netzwerken erkennen lernen, einordnen können und, wenn möglich, gegen diese Strategien aktiv werden. In der Unterrichtseinheit recherchieren die Jugendlichen mit ihrem Handy oder am Computer, was Extremismus ist und wo sich Listen extremistischer Organisationen finden. In Videoeinspielern wird erklärt, wie extremistische Organisationen Jugendliche im Netz verdeckt ansprechen. Sie bekommen Informationen zum Thema Filterblasen und es wird ein bewussterer Umgang mit dem Thema „Liken“ und „Teilen“ von Seiten oder Postings angeregt. Aktive Gruppenarbeit und gemeinsames Ansehen von extra für die Einheit produzierten Videoeinspielern wechseln sich ab. Anhand von realen Posts im Arbeitsblatt werden die perfiden Mechanismen von extremistischen Organisationen vor Augen geführt. Strategien, wie sie in den Erklärvideos veranschaulicht werden, werden identifiziert und es werden Gegenstrategien dazu entwickelt.

Die Medienkompetenzeinheit wurde im Herbst 2018 mit n =140 Schüler*innen der 9. und 10. Klassenstufe (Realschule und Gymnasium) umgesetzt und evaluiert. Vor und nach der Unterrichtsstunde füllten die 14- bis 18-Jährigen einen Fragebogen mit Fragen u. a. zu ihrem Wissen aus und bewerteten die Einheit.

 

Ergebnisse:

Insgesamt wird die Projektstunde von den Jugendlichen positiv angenommen und bewertet. Sie schätzen besonders, dass sie über ein so wichtiges Thema, das in der Regel nicht Teil des Schulunterrichts ist, aufgeklärt werden. Besonders die Videoeinspieler werden als gelungen und informativ hervorgehoben. Auch das eigenständige Recherchieren und Bearbeiten von Aufgaben ist für die Schüler*innen attraktiv.
Der Vorher-Nachher-Test zeigt, dass 8 von 10 Schüler*innen nach der Einheit die Absichten hinter verdeckten Posts von extremistischen Organisationen erkennen konnten. Vorher war es nur eine(r) von 10 Jugendlichen, die/der z. B. hinter einem Facebook-Post zum Thema „Natur“ einen extremistischen Hintergrund vermutete. 80 % der Teilnehmer*innen konnten im Anschluss an die Einheit Strategien nennen, die Extremist*innen einsetzen. Über 90 % der Jugendlichen kannten nach der Unterrichtseinheit mehrere Möglichkeiten, was sie tun können, wenn sie extremistischen Posts oder Seiten in sozialen Netzwerken begegnen.
85 % der befragten Schüler*innen geben an, etwas gelernt oder sich konkret etwas aus der Unterrichtseinheit mitgenommen zu haben. Viele beschreiben z.B. eine Verbesserung ihrer Informationskompetenz. 8 von 10 Teilnehmer*innen wünschen sich, dass mehr solche Einheiten zu Medienthemen im Unterricht durchgeführt würden.

Anhand der Unterrichtserfahrung und Evaluation durch die Schüler*innen wurde die Einheit noch einmal optimiert und steht online zur Verfügung: https://www.br.de/sogehtmedien/stimmt-das/extremismus-erkennen-100.html

Literatur:
Holler, Andrea: Extremismus im Netz erkennen. So geht Medien - eine Unterrichtseinheit im Test.
TelevIZIon, 31/2018/2, S. 64-65.
Reinemann, Carsten; Riesmeyer, Claudia: Wie Jugendliche mit Extremismus in Kontakt kommen. Ein Gespräch mit Carsten Reinemann und Claudia Riesmeyer. TelevIZIon, 31/2018/2, S. 60-63.