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Wastl Fanderl Ein Leben für die Volksmusik

Wastl Fanderl war Volksmusiker, Volksliedsammler, Volksmusikpfleger in Oberbayern und ein Aushängeschild der Volksmusik im Bayerischen Rundfunk. Er gestaltete als Autor und Moderator zahlreiche Sendungen, wie „A weni kurz, a weni lang“ oder das „Bairische Bilder- und Notenbüchl“.

Von: Historisches Archiv, Bettina Hasselbring

Stand: 21.11.2023

Wastl Fanderl (1915-1991) in den 1950er Jahren | Bild: BR, Historisches Archiv, Lindinger

Wastl Fanderl mit dem Kiem Pauli, seinem großen Vorbild, ca. 1949. Nach dem Tod vom Kiem Pauli 1960 übernahm Wastl Fanderl dessen Erbe.

Wastl Fanderl wurde am 24. Juni 1915 als Sebastian Fanderl in Bergen im Chiemgau geboren. Sein musikalischer Werdegang begann 1927, als der Zwölfjährige dem Kiem Pauli auf der Zither vorspielen durfte. Seitdem ließ ihn die Volksmusik nicht mehr los. Neben seinem Beruf als Friseur und Bader widmete er sich dem Singen, Musizieren und Sammeln von Liedern.

Beginn der Rundfunkkarriere

Wie seine Rundfunkkarriere 1931 begann, erzählte er in einer Hörfunksendung zu seinem 60. Geburtstag 1975:

"Ich bin mit 16 das erste Mal mit dem Meier Martl aus Sankt Georgen ins Funkhaus gegangen. Und wer uns unter die Fittiche genommen hat, das war …. Bruno Aulich, der große Musikwissenschaftler. Das erste, was er gesagt hat, wie wir gesungen haben, war: Bitte, vielleicht ist es Euch möglich, dass Ihr die Gitarre stimmt. Warum sind wir hingegangen? Aus Stolz! Damals war das was!... Volksmusik und
Rundfunk…"

(Wastl Fanderl, 1975)

Nach diesem ersten Auftritt als Sänger folgten weitere Engagements als Moderator und Gestalter eigener Sendungen beim damaligen „Reichssender München“. 1935 moderierte er seine erste Volksmusiksendung: „Schöne Volksmusik aus den Bergen“. Seit dieser Zeit war er, unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg, ein Aushängeschild der Volksmusikpflege im Bayerischen Rundfunk.

Fanderl-Trio und Fanderl-Quartett in den 1950er Jahren

Das Wastl-Fanderl-Trio mit Leo Döllerer, Wastl Fanderl, Bertl Witter, ca. 1950

In der Nachkriegszeit haben sich viele Volksmusikgruppen, die von früher bekannt waren, in neuer Besetzung zusammengefunden, darunter auch das „Wastl-Fanderl-Trio“. 

Plakat zum Sänger- und Musikantentreffen „A weni kurz. A wenig lang“ des Bayerischen Rundfunks mit Wastl Fanderl vom 29.4.1973

Nach 1949 trat Wastl Fanderl mit seinem Fanderl-Trio auf und mit seinem Quartett „Die Vier vom Gamsstadl“, schrieb Manuskripte und gestaltete selbständig Sendungen für die Volksmusikredaktion. Bereits 1953 trafen die ersten Einladungen aus dem Ausland ein. So reiste der Kiem Pauli im Auftrag des Bayerischen Rundfunks, unter anderem mit dem Fanderl-Trio und einer Volkstanzgruppe, nach Biarritz zum Internationalen Weltfest für Volksmusik.

Die Hörerinnen und Hörer gestalten mit

Die erste Volksmusik-Wunschsendung im Hörfunk mit dem Wastl Fanderl fand am 17. Juni 1960 statt: „A weni kurz, a weni lang“ lief dann bis 1975 im 14tägigen Abstand jeden Sonntagnachmittag. Insgesamt waren es 358 Wunschsendungen, die Fanderl zusammenstellte und moderierte. Das Themalied „A weni kurz, a weni lang“ wurde von den Waakirchner Sängern gesungen.

Das Fernsehen kommt hinzu

Außenübertragung der Sendung „Bairisches Bilder- und Notenbüchl“ mit Kameramann vor der Bindalm im Berchtesgadener Land, 19.8.1967

In den 1950er Jahren wurde Wastl Fanderl auch für das Fernsehen entdeckt. Hier leistete er Pionierarbeit, weil er als Erster das als alpenländisch klassifizierte Lied- und Musikgut im noch jungen Medium Fernsehen präsentierte. Von 1959 bis 1962 produzierte er unter dem Titel „Singen und Spielen in der Stub’n“ regelmäßig eine Sendung für das Gemeinschaftsprogramm der ARD. 1963 wurde daraus das beliebte „Bairische Bilder- und Notenbüchl, aufgeschlagen von Wastl Fanderl“. Die Sendung lief bis 1974 im Familienprogramm des Bayerischen Rundfunks, von 1975 bis 1984 in der Reihe „Unter unserem Himmel“.

Missionar der wahren Volksmusik

Seine Sendungen im Hörfunk und Fernsehen dienten nicht nur der Unterhaltung, sondern auch als Anregung zum eigenen Singen und Musizieren. Deshalb veranstaltete er auch alpenländische Singwochen, veröffentlichte Liederbücher und war Herausgeber der „Sänger- und Musikantenzeitung“. Von 1973 bis 1981 war er der erste Volksmusikpfleger des Bezirks Oberbayern.

"Lasst’s der wahren Volksmusik ihren Platz in unserem Land. Halt’s ihr die Treue, eingedenk des Bekenntnisses vom Kiem Pauli: Wir wollen uns der neuen Zeit nicht verschließen, aber das Herz darf es nicht kosten… Pfüa Gott beinand!"

(Wastl Fanderl, 1991)

Mit diesen Worten verabschiedete sich Wastl Fanderl bei seiner letzten Sendung „Freuden mit der Volksmusik“ am 1. April 1991 – 60 Jahre nach seinem ersten Funkbesuch.

Dass dies ein endgültiger Abschied werden sollte, damit hatte niemand gerechnet. Wastl Fanderl verstarb am 25. April 1991 überraschend im Alter von 75 Jahren in Starnberg an Herzversagen.


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