Bayern 2 - Zündfunk

Comic „Die Käsis“ Warum Heinz Strunk jahrelang Käsesprüche gesammelt hat und nie wieder Telefonstreiche machen will

Heinz Strunk hat seinen ersten Comic geschrieben. In "Die Käsis" schafft er eine Klassengesellschaft der Käsesorten. Wir haben ihn gefragt, wer seine Vorbilder sind und haben auch erfahren, warum die Zeit bei Studio Braun nicht nur angenehm war.

Von: Alexandra Martini

Stand: 28.07.2023

Autorenbild von Carlsen Verlag | Bild: Dennis Dirksen

Heinz Strunk hat ein neues Buch geschrieben. Das an sich sind jetzt keine bahnbrechende Neuigkeiten, hat der Hamburger Autor doch seit 2008 mindestens jedes zweite Jahr ein neues Werk veröffentlicht. Das neue Buch „Die Käsis“ ist aber besonders, da es sich um seine erstes illustrierte Abenteuergeschichte handelt. Gestaltet vom britischen Zeichner Tim Hornfeck geht es darin um eine verschrobene Geschichte im weit entfernten Käsiland. Alexandra Martini hat den Autoren, den die meisten wohl von Studio Braun, dem Film "Fraktus" oder von seinem verfilmten Roman „Der goldene Handschuh“ kennen,  interviewt.

Zündfunk: Käsiland ist ja eine Klassengesellschaft. Ein Industrieller Scheibenkäse und eine Parmesandame verbindet eine unmögliche Liebe und dann flüchten sie gemeinsam in der alten Eierscheese, die Anekdoten erzählt über cheddarsche Felder im Universum, während ihnen Käsesticks in gestapoähnlichen Uniformen auf den Fersen sind, beauftragt von dem ultimativen Bösewicht Beef Jeezos. Ist das dein Ernst?

Heinz Strunk: Das ist unbedingt mein Ernst, aber damit verbunden ist natürlich auch jede Menge Spaß. Wie Eingeweihte wissen, oszilliert meinen künstlerisches Talent zwischen richtig großer Schwere und enormer Leichtigkeit. Und die Käsis zählen zur zweiteren Fraktion. Ich habe mir erlaubt, zusammen meinen ersten Vorstoß ins große Reich der Comics und Bilderbücher zu wagen.

Es gibt ja auch Momente der Tiefe. Als die alte Scheese zum Beispiel feststellt: „Je mehr Käse, desto mehr Löcher, je mehr Löcher, desto weniger Käse, ergo je mehr Käse, desto weniger Käse.“

Ja, aber ob als Tiefe oder höherem Blödsinn oder falschverstandene Mathematik interpretiert ist, sei mal dahingestellt. Aber es geht gar nicht anders, dass es auch irgendwie so rührende oder andere Momente gibt, als nur die reine Albernheit.

Also kein großes Weltbild dahinter, kein philosophisches Loch im Käse?

Nee, also es gibt natürlich immer zwei Ebenen bei solchen Büchern. Insofern, als dass sie es von meiner Seite aus ein „All Age“-Buch sein soll, was sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen verstanden wird. Allerdings in einer wahrscheinlich anderen Lesart. Also den Gag mit Beef Jeesos, nehme ich mal an, dass das Kinder er nicht verstehen.

Mich hat das Buch auch ein bisschen ratlos zurückgelassen. Ich habe mich so ein bisschen gefragt: was war dann der Auslöser, so eine illustrierte Geschichte zu schreiben? Ist es so ein Kommentar auf wie Kinderbücher geschrieben werden? Oder war es das Ziel, ein Buch zu schreiben, auf das eine KI niemals kommen würde?

Cover von "Die Käsis"

Weder noch. Ich habe die Idee gehabt und fand die vor einigen Jahren schon so schlagkräftig, dass ich dachte, dass die weiter verfolgt werden musste. Dann habe ich über viele Jahre diese Käse-Begriffe zusammengetragen, also eine sprachliches Käsefeld aufgemacht. So ist es dann ein Weg gegangen. Und das ist schon durchaus so gemeint, dass es in eine Alternative zu den wirklich öden, langweiligen und debil geschriebenen Kinderbüchern ist, wie man sie so kennt. „Tina freut sich schon. Papa kommt von der Arbeit. Mutti hat Mittagessen gekocht. Ah, da kommt Papa. Er macht die Tür auf. Tina freut sich, dass er endlich zu Hause ist!“ Das, finde ich, ist eindeutig auch eine Unterforderung von Kindern, die ich irgendwie öde finde. Ich glaube, man kann das Thema origineller aufdröseln.

Warum eigentlich Käse? Hätte ja auch Wurst sein können, aber vielleicht hätte das mehr angeeckt?

Nee, Wurst ist doch heute so negativ konnotiert und ich finde Käse auch einfach viel lustiger. Vielleicht fühlt sich ja jemand aufgefordert, das Gleiche mit einem Wurstbuch zu versuchen.

Du hast ja gerade ein irren Output. Der neuer Erzählband „Der gelbe Elefant“ ist draußen, jetzt dein erstes illustriertes Buch „Die Käsis“, dann der Selbstoptimierungs-Wandkalender „Maximize Your Live““. Nimmst du deinen Bildungsauftrag gerade besonders ernst?

Mein Output ist gerade tatsächlich relativ hoch, aber auch schon seit Jahren. Da kommt noch die Serie im September, aber das ist eine mehr oder weniger zufällige Häufung. Ich habe viele Sachen auch in der Corona-Zeit gemacht, da lag ich ja brach wie alle anderen auch. Das Käsebuch oder den Kalender hätte man auch um ein Jahr oder so verschieben können. Aber wir dachten komm, lass uns das jetzt raushauen. Das wird auch nicht wieder passieren. Keine Angst!

Hast du auch immer wieder so Phasen, wo gar nichts geht?

Nee, gibt es nicht. Es gibt ja den schönen Satz von Philip Roth, den ich mir zu eigen gemacht habe: „Amateure warten auf Inspiration und Profis setzen sich hin und arbeiten.“ So muss mein Berufsleben begreifen. Ich kann mir das nicht leisten immer nur darauf zu warten, bis einen die Muse küsst und einem irgendwie zufällig was einfällt und so. Ich setze mich jeden Tag hin und dann kommt am Ende, wenn ich meine vier Stunden netto zugrunde lege, schon irgendwie was bei raus.

Viele bewundern dich ja, aber ich habe mich gefragt, wen bewunderst du eigentlich?

Mein größtes Vorbild J. M. Coetzee. Dann gibt es die großen nordamerikanischen Erzähler von Philip Roth bis über Richard Russo. Oder dann in Europa hier Ian McEwan, das sind für mich die großen Stilisten und die echten Meister ihres Fachs. Da blicke ich ehrfürchtig nach oben.

Ich habe ja ehrfürchtig nach oben geguckt, als ich Studio Braun in meiner Jugend entdeckt habe. Das war für mich eine totale Offenbarung. Diese wunderbare Dreistigkeit, aber auch diese menschlichen Momente, die da entstanden sind. Machst du denn manchmal noch Telefonstreiche?

Nee, nie wieder! Unter gar keinen Umständen will einer von uns dreien, möchte ich sagen, jemals wieder mit diesen Telefon-Sachen zu tun haben. Man glaubt es nicht, wir wurden immer so gefragt: „Wart ihr eigentlich die ganze Zeit besoffen, als sie das gemacht habt?“. Das war eine unendliche Pein, diese Telefonate aufzunehmen! Speziell die vielen gescheiterten Versuche, die natürlich nicht dokumentiert sind. Bevor man da mal ein Telefonat hinbekommen hat, das gut war, hat das so lange gedauert. Und obwohl man denkt, kann man ja mal machen, man sieht die Leute ja nicht, ist es trotzdem so ähnlich wie das Gefühl, wie wenn man so Simon-Gosejohann-mäßig die Leute auf der Straße verarscht. Das fand ich genauso schrecklich. Es sind immerhin ein paar schöne Hits bei rausgekommen und ich finde auch, das wir da richtig was hingebogen haben. Aber wir haben das ja ein paar Jahre betrieben und danach war die Zeit für Telefon auch irgendwie abgelaufen.