Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen, IZI

Ausgabe: 12/1999/2 - TEXTAUSZUG:



Claudia Höller und Sabine Müller

Ah oh - jetzt ist Teletubby-Zeit"

Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung

 

Probleme sind von den "Teletubbies" nicht zu erwarten. Kinder sollten sich aber während und nach der Sendung bewegen und ausdrücken dürfen.

"Sind die ‚Teletubbies‘ wirklich für kleine Kinder geeignet?" "Müssen diese Wiederholungen sein?" Und vor allem: "Was soll diese Sprache?" Das sind die Fragen irritierter und besorgter Eltern, die einen negativen Einfluß der Kindersendung "Teletubbies" auf ihre Kinder befürchten. Denn auch schon zweijährige Kinder schauen begeistert die "Teletubbies".

Diesen und anderen Fragen geht eine Studie nach, die "weiterbildung live" im Auftrag des Kinderkanals durchgeführt hat.

In einer qualitativen Untersuchung wurden 11 Kinder einer Kindertagesstätte im Alter von zwei bis fünf Jahren unter folgenden Fragestellungen beobachtet und interviewt:

  • Wie erleben die Kinder die Teletubbies?
  • Was bindet ihre Aufmerksamkeit?
  • Was lässt sie abschweifen?
  • Wie wirkt die Sprache der Teletubbies auf die Kinder?
  • Was ängstigt sie?
  • Mit wem oder was identifizieren sie sich?
  • Wie erleben sie die Rituale in der Sendung?

Innerhalb eines Zeitraumes von drei Wochen schauten Kinder, die auch zu Hause die "Teletubbies" sehen, mehrere "Teletubbies"-Filme in ihrer Kindertagesstätte an. Ihre Verhaltensweisen und Reaktionen während des Zuschauens sowie anschließende Spielsituationen wurden auf Video aufgenommen und auf dem Hintergrund alters- und entwicklungsspezifischer Merkmale ausgewertet. Dazu wurde für jedes Kind ein Entwicklungsprofil mit individuellem Entwicklungsstand und Entwicklungsthemen erstellt. Interviews und Befragungen der Eltern und Erzieher/innen sowie die entwicklungspschologische Einschätzung der Begleiterinnen des Projektes bildeten hierzu die Grundlage. Die Untersuchung ergab folgende Ergebnisse:

Die "Teletubbies" bieten den Kindern vornehmlich Spaß und Unterhaltung

Freude erleben und sich unterhalten sind für die Kinder die wichtigsten Erlebnisqualitäten der "Teletubbies". Die Kinder zeigten keinerlei Verhaltensweisen, die Hinweise auf angstauslösende oder spannungsgeladene Elemente der Sendung geben. Sie vermittelt eine ruhige und frohe Stimmung, die den Kindern hilft, sich zu entspannen. In den Beobachtungssituationen gestalteten die Kinder dementsprechend ihren "Fernsehplatz" mit Decken und Polstern, einige Kinder legten sich während des Zuschauens hin.

  • Der fünfjährige sonst eher wilde Robert, legt sich entspannt vor den Fernseher und schaut ruhig zu.
  • Wenn der dreijährige Tom den "Teletubbies" zusieht, wie sie am Beginn der Sendung aus dem Erdhügel springen, lacht er fröhlich mit.
  • Die fünfjährige Jasmin winkt fröhlich, wenn die "Teletubbies" grüßen.
  • Der vierjährige Moritz singt vergnügt das Begrüßungslied der "Teletubbies" mit.

Die Teletubbies sind für Vorschulkinder problemlos zu verarbeiten und bieten Anregungen zum Mitmachen

Gestaltung und Aufbau der Sendung entsprechen den Wahrnehmungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten von Vorschulkindern. Lange Bildeinstellungen, langsame Schnitte, einfache Handlungsstränge und Wiederholungen sowie die sprachliche und musikalische Gestaltung setzen an den Wahrnehmungsbesonderheiten von Vorschulkindern an. Das Format der Sendung eröffnet den Kindern die Möglichkeit, sich auch einmal vom Fernseher abzuwenden, das Gesehene im Spiel oder Gespräch zu verarbeiten oder sich anderen Beschäftigungen zuzuwenden.

  • Die zweijährige Jana sieht im Fernseher malende Kinder. Sie steht auf, holt sich Stifte und Papier und malt vor dem Fernseher mit.
  • Der dreijährige Tom und die fünfjährige Jasmin unterhalten sich über Schlangen, als sie sehen, wie ein Kind eine Schlangenmaske bastelt.
  • Nach dem Schauen der "Teletubbies" setzen sich der dreijährige Hans und die fünfjährige Jill an den Maltisch und malen.

Die Kinder identifizieren sich mit den Teletubbies

Die zwei- bis dreijährigen Kinder identifizieren sich aufgrund des kleinkindhaften Aussehens und Verhaltens mit den "Teletubby"-Figuren. Sie erkennen im Fernsehen eigene Spielvorlieben und Bewegungsmuster wieder und fühlen sich durch diese angesprochen.

  • Wenn die zweijährige Daniela die "Teletubbies" sieht, lacht sie und ruft: "Da Tabby". Ihre eigenen Bewegungsabläufe haben noch Ähnlichkeit mit denen der "Teletubbies".
  • Jana (zwei Jahre) ruft :"Da Ball!" und lacht vergnügt, als sie Laa-Laa mit einem Ball spielen sieht.

Vier- bis fünfjährige Kinder identifizieren sich mit den "Teletubbies" als Freundesgruppe, die gemeinsam spielt und zusammenhält. Freundschaft ist ein wichtiges Entwicklungsthema dieser Altersstufe. Die Kinder sind zunehmend auf der Suche nach Modellen für gelungene Freundschaft mit Gleichaltrigen. Die "Teletubbies" zeigen ein fröhliches und aufeinander bezogenes Miteinander.

  • Lars findet alle "Teletubbies" gleich gut. Nach der Sendung spielt er mit allen "Teletubby"-Puppen Nachlaufen und Verstecken.
  • Jill (fünf Jahre) malt alle vier "Teletubbies" als Freunde, die zusammengehören.

Zwei- bis dreijährige Kinder werden durch die "Teletubbies" positiv angeregt und in ihrer Entwicklung unterstützt

Die Einspielfilme und Spielszenen in der Sendung entsprechen dem Erfahrungshorizont dieser Altersgruppe. Sie bieten auch jeweils neue Informationen an. Die Wahrnehmung zwei- bis dreijähriger Kinder orientiert sich beim Fernsehen vor allem an den bekannten, wiedererkennbaren Elementen. Die Kinder sehen in den "Teletubbies" bekannte Spielzeuge und kleine Spielszenen, die sie aus dem eigenen Lebensumfeld kennen. Neue Elemente, wie Zahlen oder Begriffe, werden wiederholt, so dass die Kinder diese langsam kennenlernen können. Die Sendung bietet Anregungen, Zeit zum Mitmachen und zum Bewegen.

  • Diana, zwei Jahre alt, beginnt zu zählen, nachdem sie die "Teletubbies" gesehen hat.
  • Der dreijährige Hans sieht Kinder, die ein Schattenspiel spielen, und ahmt die Figuren mit den Händen nach.
  • Die zweijährige Jana springt auf und hüpft wie der Ball von Laa-Laa.

Vier- bis fünfjährige Kinder können sich während des Zuschauens entspannen, erhalten jedoch keine neuen Entwicklungsanreize

Sie finden die "Teletubbies" zwar nett, nutzen die Sendung jedoch eher zur Entspannung und als Hintergrundmedium.

  • Vera und Leonie, beide vier Jahre alt, holen sich während der Sendung Papier und schneiden Papierdeckchen. Zwischendurch schauen sie immer wieder mal zum Fernsehen.
  • Jill (fünf Jahre) schaut "Teletubbies" mit Daumen im Mund und fragt während der Wiederholung des Einspielfilmes "Wann ist das denn zu Ende?"
  • Eine Gruppe von drei Jungen baut während des Films einen Turm aus Polstern.

Die Sendung bietet den Kindern Orientierung und die Möglichkeit

sich als kompetent zu erleben

Die vielen Wiederholungen und Rituale in der Sendung geben den Vorschulkindern eine Orientierung und helfen ihnen, die Handlung ohne Anstrengung zu verfolgen.

Die Kinder erleben sich kompetent, weil sie Dinge wiedererkennen, einordnen und benennen können.

  • "Jetzt sagen die Ah-oh", "Jetzt sagen die Tschüß", kommentiert der vierjährige Markus das Geschehen. Er erkennt an den Ritualen die Struktur der Sendung und kann sich emotional darauf einstellen.
  • "Immer wenn der Hörer vorne ist, dann weiß ich, dass die Sendung zu Ende ist" sagt der fünfjährige Robert und kann sich dann innerlich auf das Ende einstellen und für neue Situationen in seinem Tagesablauf öffnen.

Die Teletubbies haben keinen negativen Einfluß auf die Sprachentwicklung

Die Gestaltung der Sendung regt Kinder an, mitzusprechen, mitzusingen und Handlungen zu kommentieren. Die Bewegungsimpulse, die während der Sendung ausgelöst werden, unterstützen die Sprachentwicklung, denn über das Tun vollzieht das Kind leichter die sprachliche Bedeutung. Während des Zuschauens freuen sich die Kinder, wenn sie bekannte Elemente wiedererkennen und drücken dies auch sprachlich aus.

  • Daniela, zwei Jahre, kann noch wenig sprechen. Sie spricht die bekannten "Teletubby"-Worte während und nach dem Schauen. Sie erlebt die Freude an ihrer eigenen Stimme und macht die Erfahrung, dass andere ihr zuhören.
  • "Da jetzt springt der Ball ins Haus", kommentiert der dreijährige Moritz die Handlung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keine negativen Einflüsse auf die Entwicklung der Kinder zu erwarten sind. Die Sendung entspricht den entwicklungsbedingten Bedürfnissen und Interessen von Vorschulkindern. Aufbau und Gestaltung der Sendung regen die Kinder zum Mitmachen und zum Bewegen an und geben Impulse, die die Entwicklung der Kinder unterstützen. Wichtig ist, dass sich die Kinder während und nach der Sendung bewegen und ausdrücken dürfen. Die Beobachtungen der Kinder während des Anschauens der "Teletubbies" zeigten, dass sie sich selbst diese "Fernsehpausen" nehmen. Und gerade dies ermöglicht die Gestaltung der Sendung mit ihrem langsamen Tempo, den Wiederholungen und dem ritualisierten Ablauf.


DIE AUTORINNEN

Claudia Höller und Sabine Müller

sind Dipl.-Heilpädagoginnen und arbeiten für "weiterbildung live" in Bad Honnef.

 

INFORMATIONEN

Internationales
Zentralinstitut
für das Jugend-
und Bildungsfernsehen
IZI


Tel.: 089 - 59 00 21 40
Fax.: 089 - 59 00 23 79
eMail: izi@brnet.de

internet: www.izi.de

COPYRIGHT

© Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) 2000-2002
Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers!



zum Seitenanfang