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Wie Kinder und Jugendliche Familien im Brennpunkt verstehen (2011)

Eine Kooperationsstudie mit der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) untersuchte, was Kinder am Scripted-Reality-Format Familien im Brennpunkt (RTL) begeistert und wie sie die Sendung verstehen. Hierzu wurden 861 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren allgemein und 294 Familien-im-Brennpunkt-SeherInnen im Detail befragt. Außerdem wurden Medienanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Familien im Brennpunkt wird vorwiegend beim Durchschalten entdeckt. Die Grundstruktur mit kurzen Handlungssequenzen, häufigen Zusammenfassungen sowie dramatischen Handlungsentwicklungen scheint sich strukturell in den Fernsehnachmittag von Kindern und Jugendlichen einzupassen. Inhaltlich interessieren die Kinder und Jugendlichen Problemsituationen in Familien, denn diese Themen beschäftigen sie sehr und haben dabei das Gefühl, diese aus ihrem Alltag zu kennen. Alltagskonflikte in übersteigerter Form bei „anderen“ zu sehen, gibt ein gutes Gefühl und es entsteht der Eindruck, dass hier Kinder eine Stimme bekämen. Was Kindern und Preteens an den Sendungen gefällt, ist die Simplizität, mit der komplexe Situationen erzählt werden. Familien im Brennpunkt erzählt vereinfacht Krisensituationen, die Vorkommnisse extrem verdichten und übersteigern sowie Problemlösungen romantisieren. Die Bösen werden bestraft und sehen zum Teil ihr Fehlverhalten ein, die Guten bekommen ihre verdiente Genugtuung. Dies schließt an bekannte Kindermedienstoffe an und bestätigt bereits vorhandene moralische Deutungsmuster. Insbesondere die Jüngsten und die 13- bis 14-jährigen HauptschülerInnen haben das Gefühl, aus Familien im Brennpunkt Problemlösungsstrategien gewinnen zu können. Besonders für die Jugendlichen sind die Abgrenzung von den ProtagonistInnen und eine Selbsterhöhung zentrales Sehmotiv. Den gescripteten Charakter der Sendung verstehen nicht alle. Ein knappes Drittel der Familien-im-Brennpunkt-SeherInnen sieht die Sendung als Dokumentation. Rund die Hälfte meint, die Geschichten seien nach wahren Begebenheiten nachgespielt. Dass es sich hierbei nicht um eine Dokumentation handelt, können jedoch erst die älteren Jugendlichen ab 15 Jahre verlässlich erkennen. Aus pädagogischer Sicht ist dies ein eindeutiger Problembereich.

Literatur:
Götz, Maya; Holler, Andrea; Bulla, Christine; Gruber, Simone: Wie Kinder und Jugendliche Familien im Brennpunkt verstehen. Forschungsbericht zur Studie "Scripted Reality: Familie im Brennpunkt". Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), Düsseldorf (Hrsg.); Gesellschaft zur Förderung des internationalen Jugend- und Bildungsfernsehens, München (Hrsg.). LfM-Dokumentation. 44/Online. Online Paper 2012
Götz, Maya; Bulla, Christine; Holler, Andrea; Gruber, Simone; Schwarz Judith: Man sieht, wie es wirklich in anderen Familien zugeht". Kinder und Jugendliche und ihr Verständnis von Familien im Brennpunkt. TelevIZIon, 25/2012/1, S. 55-59.