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Lucia
Deutschland 2004. Länge: 9 Minuten
Regie: Felix Gönnert

Lucia ist im Krankenhaus und kann nicht schlafen. Sie macht sich auf einen nächtlichen Spaziergang und entdeckt dabei Röntgenbilder. Traum und Wirklichkeit vermischen sich.

Nur wenige Kinder lassen sich auf den Film ein, der Fantasie und Wirklichkeit mischt.

„Ich finde es ist eine ganz schöne Geschichte. Die Animation ist sehr süß. Ich finde es auch gar keine schlechte Idee, wie der die schwarze Kugel rausnimmt und an ihren Fantasiefreund weitergibt. Ich finde eigentlich, es ist eine sehr gute Geschichte.“ (Mädchen)

„Ich finde diesen Film sehr ergreifend. Weil dieses Kind im Krankenhaus ist, Angst davor hat und ganz alleine ist. Sie nachts rausgeht und sich die ganzen Sachen einbildet und dann auch Angst vor dieser Spritze hat.“ (Mädchen)

„Ich fand es sehr fantasievoll – die Geschichte. Eigentlich eine sehr gute Idee.“ (Mädchen)

Die meisten Kinder verstehen den Film nicht und sind mit der Mischung aus Realität und Fantasie überfordert. Ihnen fällt es schwer, das eine vom anderen zu unterscheiden und sich innerhalb der Geschichte zu orientieren.

„Ich fand es war halt ziemlich schwer zu unterscheiden, was Fantasie ist und was sie sich wirklich vorstellt. Das fand ich nicht so gut.“ (Mädchen)

„Ich habe darin keinen Sinn gesehen, weil ich konnte alles nicht mehr unterscheiden.“ (Mädchen)

„Ich fand die ganze Geschichte irgendwie unverständlich. Die hätten da mehr so einen Erzähler oder Stimmen nehmen sollen.“ (Mädchen)

Nicht nur das Ineinander-Übergehen von Wirklichkeit und Fantasie stört den Rezeptionsprozess der Kinder. Wegen dieses grundsätzlichen Problems und der damit zusammenhängenden mangelnden Orientierungsmöglichkeiten kommen Fragen auf, die für die Kinder nicht ausreichend beantwortet werden.

„Es waren tausend Fragen, die offen waren, weil da nichts erklärt wurde.“ (Mädchen)

„Ich habe nicht genau gewusst, warum die Lucia da, oder wie sie auch heißt, da durch die Gänge geschlichen ist. Es hat zwar dann am Ende einen Sinn ergeben, dass sie nicht grundlos da durchgegangen ist, aber sie wusste ja nicht vorher, was sie erwartet.“ (Junge)

„Besonders das Ende war unverständlich. Man wusste ja nicht genau, ob sie wirklich ganz gesund war oder ob sie vielleicht doch noch krank war. Das konnte man nicht so richtig feststellen.“ (Junge)

Die Kinder lassen sich nicht auf Fantasievolles ein. Daher gelingt es ihnen nicht zu abstrahieren, besonders dann, wenn sie selbst schon ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

„Also ich fand auch, wenn es Nacht war, ziemlich unrealistisch, dass sie da durch dieses Krankenhaus rennt und kein Mensch da ist und sie einfach in den Röntgenraum reinkommt und sie dabei keiner erwischt und sie wieder ins Bett bringt.“ (Mädchen)

„Unrealistisch. Ich war ja selber schon oft im Krankenhaus, da laufen ja auch immer Krankenschwestern und Ärzte rum, weil die müssen ja immer da sein, falls was passiert.“ (Junge)

Die Animation wird nicht als Unterstützung der Erzählweise erkannt.

„Ich fand auch, die Animation war nicht so schön. Also, sie war total klein und hatte so einen runden Kopf, und der Arzt war total riesig und hatte so einen ganz langen Kopf. Ich fand es auch ein bisschen unklar, wie sie an die Türklinke gekommen ist.“ (Mädchen)


Zusammenfassend

Der Film versucht, durch die Mischung von Fantasie und Wirklichkeit an das Thema Krankheit sensibel heranzuführen. Die Kinder verstehen dieses Muster nicht. Ihnen fehlt die Orientierung im Film. Durch das Wechselspiel von Realem und nicht Realem gelingt es ihnen auch nicht mehr, mithilfe der Zeichnungen für sich Ordnung in die Geschichte zu bringen. Die Bedeutung der Animation wird von den Kindern nicht verstanden. Besonders die Symbolik der gezeichneten Figuren des Films, die das Verständnis eher unterstützen sollte, löst bei den Kindern noch zusätzlich Verständnisprobleme aus: Lucia ist klein gezeichnet, als Symbol für ihre Verlorenheit und Angst, krank und allein in einem großen Krankenhaus zu sein. Ihr gegenüber steht der große, übermächtige Arzt, der sich dort auskennt und in dessen Hände sie sich begeben muss, ob sie will oder nicht. Der Film schafft es nur bedingt, Kindern die Angst vor einem Krankenhausaufenthalt zu nehmen, was ein Anliegen des Films sein könnte.