IZI-Forschung
 
Forschungsschwerpunkt Bildungsfernsehen

>> Übersicht Forschungsschwerpunkt Bildungsfernsehen


Sendungscheck Ökologische Nachhaltigkeit (2015): Rezeption und Attraktivität von Checker Tobi (BR), neuneinhalb (WDR), Erde an Zukunft (KiKA,) Die Sendung mit der Maus (WDR), logo!, Löwenzahn und Pur+ (alle ZDF)

In der Rezeptionsstudie des IZI, ein Kooperationsprojekt mit Engagement Global und der Stiftung PRIX JEUNESSE, wurde die Wirksamkeit von Wissenssendungen für Kinder zu ökologisch nachhaltigem Handeln untersucht. 195 Schüler*innen im Alter von sechs bis elf Jahren wurden dabei gefilmt, wie sie verschiedene Sendungen bzw. Ausschnitte der Sendungen sahen. Vorher und nachher wurden sie zur Attraktivität und zu Grundfragen ökologisch nachhaltigem Handelns in Einzelinterviews befragt. In kleinen Gruppen, sahen sie die Sendungsbeiträge. Direkt nach der Rezeption wurden sie gebeten, ein Bild zu der Szene zu malen, von welcher sie am meisten gelernt haben. Mithilfe eines „Nachher“-Fragebogens wurde der Wissenszuwachs und die Einstellungsänderung abgefragt. Drei Wochen darauf folgte ein erneutes Leitfadeninterview, um dadurch das Wissen und die Einstellungen der Kinder auf längerfristige Sicht zu ermitteln.

Ergebnisse

Bei Checker Tobi waren es die Momente, die für Kinder besonderen Erklärwert hatten, wie zum Beispiel der Müllstrudel oder Momente mit humoristischen Bildern, die sich besonders gut memorieren lassen, wie die Pferdekopfpumpe. Die Visualisierungen von abstrakten Begriffen, wie „Fünf Milliarden Plastiktüten“ werden von Kindern als erhellend und eindrücklich wahrgenommen. Der Sendungsaufbau (Checkerfragen) kommt sehr gut an und wird als strukturierend für Kinder wahrgenommen. Tobi als Lernbegleiter kommt sehr gut an, noch einmal besser bei Jungen. Er wird als ausgesprochen nahbar und engagiert wahrgenommen. Die Kinder fühlen sich von Tobi direkt angesprochen. Die Aufmerksamkeit in der Rezeption schwankt jedoch manchmal leicht, besonders wenn die ExpertInnen reden (und Tobi nicht den Kontakt zu Kindern herstellt).
 
Bei Neuneinhalb gefällt vor allem das Selbstexperiment von Johannes, der sich den Herausforderungen von zwei Tagen ohne Plastik stellt. Die Grundfragestellung der Sendung „Kann man ohne Plastik leben?“ regte Kinder zum Mit- und Weiterdenken an. Gut memoriert haben sich besonders die alltagsnahen Szenen, die die Thematik in seiner Konsequenz aufzeigen: Sehr viel besteht aus Plastik und es ist schwer, zum Beispiel eine Zahnbürste aus Holz zu bekommen. Moderator Johannes wird als sehr engagiert im Vermittlungsaspekt von Umwelt- und damit Zukunftsthemen eingeschätzt.

Bei Erde An Zukunft schätzen die SchülerInnen besonders den Einbezug von Kindern z. B. als Zukunftsmacher. Insbesondere die Innovationen rund um das Thema ökologisch nachhaltiges Handeln interessieren Kinder sehr. Die von SchülerInnen eingesandten Zukunftsfantasien eröffnen neue Sichtweisen und für die Kinder bisher unbekannte Möglichkeiten, Chancen, nachhaltig zu agieren. Manchmal sind sie in der Rezeption aber auch etwas gelangweilt, insbesondere bei längeren Redepassagen. 

Aus der Sendung mit der Maus wurde ein Beitrag von Malin rezipiert und bewertet. Besonders gut memorierten sich kindernahe, ungewohnte Worte wie „Fluff“ und „große Sortiermaschine“. Für das Forschungsteam überraschend, kam es bei der Betrachtung des Müll-haufens zu hoher emotionaler Reaktion (Ekel). Diese emotionale Reaktion führte dazu, dass diese Einzelheiten besonders gut erinnert wurden. Die Aufmerksamkeit ist durchweg sehr hoch. Die Moderatorin kommt gut an, besonders bei Mädchen. Sie wird als aktiv und mit hohem Vermittlungswillen eingeschätzt; inwieweit sie privat im Sinne des BNE engagiert ist, ist nur für manche Kinder eindeutig.

Bei Pur+ kommt insbesondere das Thema Handys als „Schatz im Müll“ sehr gut an und wurde gut memoriert. Die Aufmerksamkeit in der Rezeption ist meist hoch. Bei ExpertInnen werden einige Kinder unruhig und langweilen sich ein wenig. Moderator Eric kommt sehr gut an, insbesondere bei den Jungen, wird als aktiv und an der Handlung beteiligt wahrgenommen. Nicht ganz so sicher sind sich die Kinder, ob sich Eric privat selbst sehr viel für die Umwelt engagiert. Auch wenn es nicht für alle ein Grund zu lachen ist, so finden Das Letzte einige recht lustig.

Die Sendung Löwenzahn kommt herausragend gut an. Die fiktionale Handlung involviert, Hund Keks und der Einfallsreichtum von Protagonist Fritz überraschen und begeistern. Die Kinder gewinnen aus der Geschichte Handlungsoptionen für die Wiederverwendung von Müll. Die Aufmerksamkeit ist herausragend durchgängig und Fritz kommt herausragend gut an – ohne Geschlechterunterschied! Allerdings sind sich die Kinder weniger sicher als erwartet, ob Fritz auch zu Hause etwas macht, um die Umwelt zu schützen.

Die von der Sendung logo! getesteten zwei Sendungsausschnitte zur Vermeidung von Müll kommen sehr gut an. Die Kinder nehmen sich von dem kurzen Erklärstück (Lara und ihre Familie) überraschend viel Fakten und Zusammenhangswissen mit. Kinder empfinden es als besonders wertvoll, dass logo! ihnen nicht nur erklärt, was sie schon mal gehört haben, sondern dass sie auch auf ganz neue Ideen gebracht werden. Die Aufmerksamkeit während der Rezeption ist bei diesem Stück durchweg hoch, was angesichts des rein erklärenden Charakters (angereichert mit kleinen humoristischen Momenten) als besonders wertvoll einzuschätzen ist. Bei dem anderen (Mecki Müll) schwankt es während der langen Erklärungspassage. Erklärung ist also auch für jüngere Kinder durchaus möglich, es muss jedoch der Gebrauchswert der Erklärung von Beginn an deutlich werden.


Literatur:
Holler, Andrea; Götz, Maya: Wann Kinder vom Kinderfernsehen lernen. Rezeptionsstudie zur Wirksamkeit von Wissenssendungen zu ökologischer Nachhaltigkeit. TelevIZIon, 30/2017/1, S. 44-48.