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Binge-Watching bei Kindern

Binge-Watching, das Sehen mehrerer Folgen einer Serie hintereinander, gehört zum festen Repertoire aktueller Praktiken der Serienrezeption und ist auch bei Jugendlichen durchaus üblich. Auch bei Kindern ist das Phänomen zu beobachten, bisher allerdings kaum erforscht. Hier setzte das Forschungsprojekt des IZI an und befragte Grundschulkinder aus Familien, die regelmäßig die Streamingdienste Amazon Prime, Netflix und YouTube Kids nutzen. Befragt wurden Kinder und Eltern aus Haushalten, die mindestens mehrmals pro Woche Netflix, Amazon Prime oder YouTube Kids nutzen. Der Hauptteil der Studie richtete sich an Kinder aus diesen Familien und es nahmen n=326 Mädchen und Jungen zwischen sechs und neun Jahren teil.

Ergebnisse: Binge-Watching ist auch schon ein Thema bei Kindern. Es zeigte sich, dass acht von zehn Kindern in Haushalten mit Streamingdiensten „bingewatchen“. Die Hälfte von ihnen sind „Light-Binge-Watcher“ und schauen normalerweise zwei Folgen hintereinander, die andere Hälfte sind „Heavy-Binge-Watcher“ und sehen täglich vier oder auch mehr Folgen hintereinander an. Nach den Gründen gefragt, warum Kinder immer wieder neue Folgen ansehen, werden Nutzungsmotive genannt, die auch schon aus Studien mit Serien-Fans bekannt sind. Die Geschichten gefallen, die Kinder wollen sehen, was ihre Held*innen als Nächstes erleben. Durch die Bekanntheit der Serie besteht zudem weniger die Gefahr, sich zu langweilen oder emotional überfordert zu werden. Es sind aber nicht nur bewusst getroffene Entscheidungen: Rund sieben von zehn Kindern (73 %) passiert das Weitersehen auch so manches Mal, weil die nächste Folge automatisch anfängt.
Bei Kindern, die Binge-Watching betreiben, zeigen sich Momente der Abhängigkeitsgefährdung wie Kontrollverlust, negative soziale Folgen und leichte Entzugserscheinungen. Sieben von zehn Kindern merken, dass sie manchmal gar nicht damit aufhören können, eine Folge nach der anderen zu sehen. Rund die Hälfte stellt für sich fest, dass sie mehr Zeit beim Schauen immer neuer Folgen verbringt, als sie sich vorgenommen hat, und sie weniger mit anderen unternimmt. Knapp jeder/jede Dritte beschreibt sich als genervt und unzufrieden, wenn er/sie mal nicht mehrere Folgen hintereinander sehen kann. Kinder, die YouTube Kids nutzen, zeigen dabei häufiger Anzeichen einer Abhängigkeitsgefährdung, erleben häufiger einen Kontrollverlust und negative Folgen im Alltag und es zeigen sich häufiger Merkmale leichter Entzugserscheinungen.
Viele der Kinder, die heute auf Streamingdiensten eine Folge nach der anderen sehen, haben schon früh mit Medien angefangen und durften oft zeitlich unbegrenzt fernsehen. Kinder, die schon im Alter von fünf Jahren (sehr) viel ferngesehen haben, beschreiben häufiger Merkmale eines Kontrollverlusts, negative soziale Folgen und leichte Entzugserscheinungen als die Kinder, die mit fünf Jahren (sehr) wenig ferngesehen haben. Es fehlt an selbstreflexiver Medienkompetenz.

Literatur:
Götz, Maya; Mendel, Caroline: Wenn Kinder auf Netflix, Amazon Prime und YouTube Kids "bingewatchen". TelevIZIon, 32/2019/2, S. 26-28
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