BR Fernsehen - Sonntags-Stammtisch


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Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala

„Die Menschheit muss mit Krieg als wiederkehrendes Phänomen leben.“ Das sagt Carlo Masala, Militär- und Politikexperte der Bundeswehruniversität München. Warum die Welt keinen Frieden findet, ist das Thema seines neuesten Buches.

Stand: 10.04.2024 12:23 Uhr

portrait | Bild: picture-alliance/dpa

Als Kriegs- und Friedensforscher gehört Carlo Masala aktuell zu den wichtigsten Beratern des Bundesverteidigungsministeriums. Wegen seiner Einordnungen im Ukraine-Krieg ist er zudem ein gefragter Gast in Talkshows. Dabei hätte er gerne sein „altes Leben“ als Politikwissenschaftler zurück, sagt er. Ihm geht es um die theoretische Analyse und nicht darum, sich zu profilieren.

"Ich komme aus einer theoretischen Schule, in der Militär eine sehr entscheidende Rolle spielt für die Erklärung internationaler Politik. Und da hab‘ ich mich selber (…) auf die Frage Krieg konzentriert, weil Krieg ein immer wiederkehrendes Phänomen ist, und ich fand schon immer, dass man zu wenig über Krieg Bescheid weiß. Also, darüber, warum brechen Kriege aus, wie können sie verhindert werden, aber auch die Frage, wie entwickeln sie sich."

(DAS!, 30.01.24)

Gescheiterte deutsche Integrationspolitik

Als Kind einer österreichischen Verkäuferin und eines italienischen Gastarbeiters in Köln geboren erlebte er schon früh, dass Ausgrenzung und Gewalt zum Leben gehören. Integration war bereits in den 1960’er Jahren nicht mehr als ein Wort auf dem Papier.

"Es gab keine Deutschkurse für meine Eltern und keinerlei Unterstützung, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden. (…) In Deutschland wurde noch nie Integrationspolitik betrieben. Man war froh, wenn die Gastarbeiter in ihren Ghettos waren."

(Markus Lanz, 11.01.23)

Schlechtes Zeugnis für die Bundeswehr

Carlo Masala wollte verstehen, wie politische Prozesse funktionieren und studierte Politikwissenschaft sowie Germanistik und Romanistik in Köln und Bonn. Auf die Promotion folgte die Habilitation. Seine Laufbahn als Beamter hatte seinen Preis: Er musste dafür seine italienische Staatsbürgerschaft aufgeben. Seit 2007 ist er Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. In seinem Buch „Bedingt abwehrbereit. Deutschlands Schwäche in der Zeitenwende“ geht er mit dem Zustand der Bundeswehr hart ins Gericht. Diese desolate Lage kommt für ihn nicht von ungefähr.

"Es heißt ja immer, die Deutschen geben 50 Milliarden in ihren Verteidigungshaushalt – warum zur Hölle kriegen die ihre Bundeswehr nicht hin? Dann rechnet man das alles mal durch und stellt fest: Zwei Fünftel gehen für Personal drauf; noch mal zwei Fünftel für die Materialerhaltung; und nur ein Fünftel in Investitionen. So kriegen wir die Probleme der Bundeswehr nicht in den Griff."

(der Freitag, 14/2024)

Südtirol als Vorbild für die Ukraine

Gerade angesichts der Krisen und Kriege in der Welt sei eine funktionierende Truppe wichtiger denn je. Auch wenn er für eine umfassende militärische Unterstützung der Ukraine plädiere, rechne er damit, dass der Krieg in der Ukraine letztlich am Verhandlungstisch beendet werde. Für eine solche politische Lösung könne Italien Pate stehen.

"Die Russen ziehen sich militärisch aus dem Donbass und von der Krim zurück, dafür bekommen diese Regionen innerhalb des ukrainischen Staatsgebildes ein hohes Maß an Autonomie. Als gebürtiger Italiener sage ich jetzt mal: Südtirol könnte ein Vorbild sein!"

(der Freitag, 14/2024)


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