Die Postkutsche unterwegs von Bad Kissingen zum Schloss Aschach.
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Die Postkutsche unterwegs von Bad Kissingen zum Schloss Aschach.

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Postkutsche Bad Kissingen: Von der Entdeckung der Langsamkeit

Es ist vermutlich die letzte ihrer Art: Im unterfränkischen Bad Kissingen rollt im Sommer die letzte Postkutschenlinie Deutschlands durch Stadt und Umland. Was die einen wegen ihrer Langsamkeit anzieht, bedeutet für andere jede Menge Arbeit.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

So muss es gewesen, vor vielen hundert Jahren, als Eisenbahnen noch nicht Reisende innerhalb weniger Stunden vom Süden in den Norden Deutschlands brachten. Eine Fahrt mit der Postkutsche in Bad Kissingen ist vor allem eines: entschleunigend. Doch hinter der Postkutsche steckt eine Menge Arbeit.

Das Besondere: Es ist die letzte Postkutschenlinie Deutschlands, die hier im nördlichen Unterfranken unterwegs ist. Seit 1939 gibt es die Linie von Bad Kissingen nach Bad Bocklet, mit einer kurzen Unterbrechung während des und nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis heute fährt sie mehrmals in der Woche nach einem festen Fahrplan. Für die acht Kilometer lange Strecke braucht die Kutsche rund eine Stunde. Zum Vergleich: das Auto legt die Entfernung in rund zehn Minuten zurück. Es ist also eine sehr langsame Reise, auf der sich erahnen lässt, dass Reisen in früheren Zeiten nicht von Hektik geprägt war.

Letzte Postkutschenlinie Deutschlands mit Postkutscherin

Vier Pferde ziehen die gelbe Postkutsche mit Platz für neun Fahrgäste. Gelenkt wird sie von Yvonne Körner. Von Beruf ist die Postkutscherin. Und dürfte eine der letzten in Deutschland sein. Seit 16 Jahren sitzt sie auf dem Bock der Postkutsche und hat die Zügel in der Hand. Die Postkutsche selbst ist kein Original mehr, sie ist ein Nachbau aus den 1960er Jahren.

Es gibt zwar noch weitere Postkutschen in Bayern, wie etwa in Nürnberg. Aber die in Bad Kissingen – und darauf legt Kutscherin Yvonne Körner Wert – bedient eine Linie und fährt seit jeher nach einem Fahrplan, was sie deswegen auch so besonders macht.

Betreiber: "Wir sind auf die Pferde angewiesen"

Während der Saison sind die Pferde für die Kutsche direkt an der unteren Saline untergebracht. Sieben Pferde für die Postkutsche hegt und pflegt Yvonne Körner zusammen ihrem Mann Hans Körner, der vor ihr viele Jahre als Postkutscher durch Bad Kissingen gefahren ist. Die Pferde bildet Hans Körner extra für die Postkutsche aus, denn "wir sind auf die Pferde angewiesen, nicht andersherum", sagt er. Die Pferde müssen zum Beispiel gelassen bleiben, selbst wenn Autos nur knapp überholen.

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Die Postkutsche mit Kutscherin Yvonne Körner (links) und Postillonin Paulina Klöffel

Postkutsche für den Betreiber ein Herzensprojekt

Hans Körner steckt viel Zeit in die Postkutsche. Auch wenn die Kutsche nur in den Sommermonaten fährt, müssen die Pferde das gesamte Jahr betreut, gepflegt und gefüttert werden.

Bis 2008 hatte die Post noch die Postkutschenlinie als Werbemittel betrieben, seit 1985 mit Hans Körner und seinen Pferden. Seit dem Ausstieg der Post finanziert sich die Kutsche aus ihren Einnahmen und aus Geldern verschiedener Kommunen, vom Landkreis Bad Kissingen und vom Bezirk Unterfranken.

Zwei Frauen auf dem Kutschbock

Wenn die Kutsche unterwegs ist, nimmt neben der Postkutscherin Postillonin Paulina Klöffel auf dem Kutschbock Platz. In den vergangenen Jahren, erzählen die beiden Damen, ist vor allem der Straßenverkehr zur Herausforderung geworden. "Es wird immer schneller, es wird immer hektischer, und da passe ich natürlich nicht mehr so ganz rein", sagt Postkutscherin Yvonne Körner. Die Fahrgäste dagegen mögen diese Langsamkeit, manche von ihnen kommen sogar extra wegen der Postkutsche nach Bad Kissingen. Ein Mann aus Würzburg zum Beispiel ist nur nach Bad Kissingen gefahren, um mit ihrer Kutsche zu fahren.

Gefährt ist ein "Hingucker"

Die Postkutsche ist ein "Hingucker", schon immer gewesen, sagt Postillonin Paulina Klöffel. Ihr Job ist es, sich um die Pferde zu kümmern, den Fahrgästen beim Einsteigen zu helfen und auch während der Fahrt abzusteigen und Hindernisse aus dem Weg zu schaffen. Als Kind hat sie die Postkutsche bei Sonntagsausflügen immer in Bad Kissingen gesehen und hatte "Riesenaugen". "Und das war das Highlight des Tages für mich." Seit drei Jahren arbeitet sie jetzt als Postillonin bei der Postkutsche. Die Hin- und Rückfahrt kosten pro Person 25 Euro. Von donnerstags bis sonntags rollt die Postkutsche immer um 14 Uhr von Bad Kissingen los.

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