Ministerpräsidenten bei einer Jahreskonferenz auf der Zugspitze (Archivbild)
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Ministerpräsidenten bei einer Jahreskonferenz auf der Zugspitze (Archivbild).

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Ministerpräsidenten im Ausland: Warum es sie in die Ferne zieht

Schmusen mit Pandas in China, tanzen zu Abba in Schweden: Bayerns Ministerpräsident ist jüngst viel herumgekommen. BR24-User hinterfragen den Sinn der Reisen und ziehen Vergleiche. "Dein Argument" hat bei mehreren Staatskanzleien nachgefragt.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

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Im Terminkalender von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sind zuletzt viele ausländische Orte aufgetaucht. Noch im März hatte der CSU-Chef China besucht, jetzt ist er in Italien bei Regierungschefin Giorgia Meloni.

In den Kommentarspalten bei BR24 fragen sich User, welche Ziele Söder auf seinen Reisen verfolgt. Und nicht nur das: "Mich würde mal ein Vergleich von Söders Reiseaktivitäten mit denen anderer Ministerpräsidenten interessieren", kommentierte "Clivebixby".

Ministerpräsidenten als "Türöffner für heimische Wirtschaft"

Generell lässt sich festhalten: Reisen ins Ausland stehen für alle Ministerpräsidenten in Deutschland auf dem Programm. Dabei würden sich die Politiker im Ausland häufig als Türöffner für die heimische Wirtschaft verstehen, so Ulrich Sieberer, Professor für empirische Politikwissenschaft der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Speziell gehe es darum, als Werbeträger den Bekanntheitsgrad der eigenen Bundesländer zu steigern und Wirtschaftssektoren sowie Unternehmen voranzubringen, die in ihrem Bundesland wichtig seien. "Hier werden sicherlich Kontakte intensiviert und Kooperationen gestärkt, die ohne die sichtbare Beteiligung der Politik schwerer zu realisieren wären", erklärt Sieberer.

"Von Amtswegen her kein außenpolitisches Mandat"

Klassische Außenpolitik sei hingegen der Bundesregierung vorbehalten. "Ministerpräsidenten haben von Amtswegen kein außenpolitisches Mandat." Es könne dennoch vorkommen, dass durch Auslandsreisen von Ministerpräsidenten eine gefühlte Konkurrenz im parteipolitischen Kontext entstehe. Demnach könnten wichtige Regierungschefs, deren Partei in Berlin in der Opposition sitzt, durch Reisen in andere Länder Aufmerksamkeit auf ihre Partei und ihre Person lenken. Im Inland wiederum demonstrieren sie so, dass sie auf internationaler Bühne als wichtig wahrgenommen werden, so Sieberer weiter.

Manchmal geht es auch in ferne Länder

Reisen innerhalb der Europäischen Union sind häufig ein Mittel, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu pflegen, heißt es auf stichprobenartige BR24-Anfrage hin aus mehreren Staatskanzleien und Staatsministerien. Demgegenüber können auch Reisen in ferne Länder wichtig sein, beispielsweise um Delegationen aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft einen Austausch vor Ort zu ermöglichen. Während Bayerns Ministerpräsident kürzlich nach China reiste, war Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Ende 2022 in den Vereinigten Staaten oder die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), in Japan.

Worum geht es den Ministerpräsidenten?

Nach Angaben der Bayerischen Staatskanzlei hat Söder in den vergangenen zwei Jahren mindestens zehn Länder bereist. Neben EU-Staaten wie Österreich, Kroatien oder Serbien, ging es für Söder eben auch nach Israel oder China, wie eine Sprecherin der Staatskanzlei mitteilt.

Auf seinen Reisen gehe es für Söder darum, dem Anspruch Bayerns "als sechstgrößte Volkswirtschaft innerhalb der Europäischen Union" gerecht zu werden. Dabei wolle er den Freistaat würdig und angemessen repräsentieren und seine Interessen nachhaltig vertreten.

In China hatte sich Söder beispielsweise bei Premierminister Li Qiang nach eigenen Angaben für "bessere Rahmenbedingungen" für bayerische Unternehmen in China starkgemacht. Er wolle eine faire, transparente Partnerschaft statt Zölle, sagte der Politiker auf seiner Reise vor Journalisten. Mit seiner Forderung will er "auf offene Ohren" gestoßen sein.

"Auf gute Beziehungen in der ganzen Welt angewiesen"

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann bereiste nach Angaben des Staatsministeriums in den vergangenen zwei Jahren fünf Länder: die USA, Spanien, Österreich, Polen und Belgien. Derartige Delegationsreisen seien für die Arbeit der Landesregierung wichtig, da Baden-Württemberg als Exportland auf gute Beziehungen in der ganzen Welt angewiesen sei. Themen der Reisen seien technologische Transformation, Wirtschaft, Umwelt oder der kulturelle Austausch.

Seine Reiseziele wähle Kretschmann danach aus, in welchen Ländern bereits Kooperationen mit baden-württembergischen Institutionen und Unternehmen bestehen, eine Zusammenarbeit angestrebt wird oder welche Länder die Impulsgeber auf diesen wichtigen Feldern sind, heißt es auf BR-Anfrage aus dem Staatsministerium.

Reiseziele werden "nach politischen Schwerpunkten ausgewählt"

Auch im Bundesland Rheinland-Pfalz stehe bei Auslandsreisen von Ministerpräsidentin Dreyer die Vernetzung im Vordergrund. "Auslandsreisen dienen der Kontaktpflege, der Vernetzung von Akteuren oder dem Initiieren von neuen Projekten", heißt es aus der Staatskanzlei. Das Bundesland sei ein Exportland mit starken Industrien, daher seien Auslandskontakte entscheidend. Demnach würden Reiseziele nach politischen Schwerpunkten ausgewählt, wie zum Beispiel dem Ausbau von Kooperationen, etwa beim Thema Künstlicher Intelligenz oder im Bereich Biotechnologie.

In den Jahren 2023 und 2024 habe Rheinland-Pfalz' Ministerpräsidentin sechs verschiedene Länder bereist, darunter Frankreich, Belgien, Luxemburg, Schottland, Japan und Ruanda. Die Besuche in Frankreich, Luxemburg und Belgien seien ein Resultat der "grenzüberschreitenden Freundschaft" zu den angrenzenden Staaten und daraus folgenden Kooperationen in mehreren Bereichen wie Arbeitsmarkt, Wirtschaft oder Katastrophenschutz. Seit 42 Jahren unterhält das Bundesland zudem die "Graswurzel-Partnerschaft" mit dem ostafrikanischen Land Ruanda.

Im Video: Söder trifft Meloni

Markus Söder und Giorgia Meloni.
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Einen Monat vor der Europawahl hat Bayerns Ministerpräsident Söder die italienische Regierungschefin Meloni in Rom getroffen.

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